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  1. #1

    Für alle die lieber zu Hause bleiben :-)

    Hab ich in den Tiefen meines PCs gefunden Ansehen ?
    Gepflegte Verwahrlosung

    Zu Hause ist es doch am schönsten


    Eigentlich gibt es nichts Besseres, als daheim zu bleiben. Wirklich hochwertige Entspannung finden Sie nicht auf Partys, in Bars oder Kneipen. Entspannende Konzeptlosigkeit und Passivität will aber gelernt sein. Wie man es richtig macht, erklärt Philipp Tingler.
    Ich war ein professioneller Partygänger, und ich gebrauche diese Formulierung nicht leichtfertig. Ausgehen war mein Beruf, ich lebte von Zigaretten und Gin Tonics, stand auf jeder Liste, kannte jeden Barmann und einige sogar etwas genauer. Ich wusste, zu welcher Zeit man in welchem Klub erscheint.
    Aber irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man nicht nur von jedem Barmann, sondern auch von jeder Barfliege namentlich begrüßt wird. An dem man soviel Nikotin, Ephedrin und Restylane konsumiert hat, dass man wohl eines Tages in Seveso bestattet werden muss. Und dann kommt der Moment, an dem man abends in den Spiegel schaut und sich bei dem Gedanken ertappt: "Eigentlich ... würde ich am liebsten zu Hause bleiben."

    Möchten Sie enden wie Pete Doherty?
    Zu Hause - das war lange ein Fluch für mich. Aber wenn man ein bisschen darüber nachdenkt, ist der Gedanke gar nicht mal so abwegig. Wenn selbst Leute wie Madonna oder Jerry Hall abends zu Hause bleiben und stricken oder in der Wanne sitzen, dann können Sie das auch! Ja, alle bleiben jetzt zu Hause (bloß Pete Doherty natürlich nicht - aber möchten Sie enden wie Pete Doherty?).
    Und mit zu Hause bleiben meine ich nicht das aktive Konzept des Zuhausebleibens, wie es uns die millionenschweren Küchenfeen Nigella Lawson oder Martha Stewart vormachen - also jene Form, wo man die ganze Zeit eine Schürze trägt, gewagte Rezepte ausprobiert, Gäste empfängt und zwischendurch noch schnell aus Tannenzapfen einen hübschen Untersetzer bastelt. Nein, ich meine die Variante, wo man vor dem Fernseher liegt und nährstoffarme Kalorienbomben aus Polyethylenverpackungen vertilgt.
    Dazu trägt man riesige T-Shirts und ebenso riesige Trainingshosen (die wir zu Hause, weil "Trainingshosen" viel zu aktiv klingt, "Fat Pants" nennen. Das richtige Paar Fat Pants ist ein wichtiges Accessoire der gepflegten Verwahrlosung. Scheuen Sie sich nicht, XXL zu kaufen, und wählen Sie unbedingt atmungsaktives Material).

    Welche Zutaten Sie brauchen
    Diese Art des Zuhausebleibens ist nicht so einfach, wie sie sich anhört. Natürlich kann sich jeder, sogar Martha Stewart, mit einer Tüte Chips aufs Sofa legen, aber damit das Verschanzen in den eigenen vier (oder mehr) Wänden zum vollen Erfolg wird, braucht man noch ein paar andere Zutaten als eine riesige Hose.
    Zuerst brauchen Sie natürlich ein Zuhause. Das mag banal klingen, aber schauen Sie sich einmal um: Liegen Sie vielleicht deswegen nie gemütlich und Chips essend vor dem Fernseher, weil Ihre Mies-van-der-Rohe-Barcelona-Liege solche Aktivitäten wie Chips essen gar nicht zulässt? Oder weil Sie am Ende zu diesen Verrückten gehören, die überhaupt keinen Fernseher besitzen?
    Nun, einen Großbildfernseher haben Sie sich schnell angeschafft. Sowie die dazugehörige DVD-Sammlung, denn man kann sich ja nicht entspannen, wenn man auf das deutschsprachige Fernsehprogramm angewiesen ist. Statt der peinlichen deutschen Plagiate bestellen Sie sich die Originale großartiger Comedy-Serien bei Amazon: "The Office" statt "Stromberg"; "Curb Your Enthusiasm" statt "Pastewka", und dazu zum Beispiel noch die fabelhaften BBC-Produktionen "Little Britain" und "Extras" sowie aus Los Angeles "The Larry Saunders Show" und "Fat Actress".

    Unterlassen Sie jede Beschäftigung
    Viel schwieriger als diese äußerlichen Vorkehrungen jedoch ist die innerliche Anpassung. Wir alle sind es ja gewohnt, irre geschäftig zu sein, und wir alle sind ja durch die hochmobile Nonstop-Gesellschaft, in der wir leben, darauf gedrillt, dass es richtig ist, immer beschäftigt zu sein. Selbst wenn wir entspannen wollen, sind wir beschäftigt, mit irgendwelchen importierten Wellness-Konzepten, weil immer alles ein Konzept haben muss. So dass wir die entspannende Konzeptlosigkeit erst mühsam lernen müssen.
    Fangen Sie mit einem mittelschweren Tag an. Versuchen Sie nicht gleich, am Freitag oder Samstag zu Hause zu bleiben, und auch nicht am Dienstag, wenn sowieso jeder zu Hause bleibt, sondern nehmen Sie den Donnerstag. Eventuell werden Sie feststellen, dass sich eine gewisse Leere in Ihnen breit macht; möglicherweise ertappen Sie sich dabei, wie Sie Zigarette rauchend am Fenster in die Nacht starren und leise "Don't Cry For Me, Argentina" in den offenen Hals der Scotch-Flasche singen. Aber das ist nur die sogenannte Hospitalismusphase, die geht bestimmt vorüber.
    Einige schwächere und ungeduldige Charaktere begehen jedoch den Fehler, nach einer Beschäftigung zu suchen, um das langsam aufkommende, schlechte Gewissen auszuschalten. Das ist dann das Stadium, in dem man anfängt, Buchdeckel abzustauben oder die Fransen sämtlicher Teppiche in eine Richtung zu bürsten. Oder auch sich mit Dingen zu beschäftigen, von denen uns irgendwelche Lebensstilberater im Fernsehen immer einreden wollen, dass sie wahnsinnig entspannend seien. Vorsicht! Viele Sachen, die als entspannend gelten, sind es gar nicht, oder höchstens für Martha Stewart, zum Beispiel Teig unterheben und Möbel umräumen.

    Ignorieren Sie alles
    Doch diese Phase können Sie mit etwas Glück überspringen. Dann kommt die Phase, in der Sie merken, dass Sie Ihre Zu-Hause-Zeit abwechselnd gut (Heine lesend), schlecht (egozentrische Lyrik verfassend) oder grässlich (endlos im Internet umherirrend) verbringen. Sie kommen also langsam mit sich selbst zurecht. Aber um sich zu Hause zu verschanzen, ist das nur die notwendige Bedingung, denn was Sie außerdem noch brauchen, ist: der Wille zur Verschanzung. Denn logischerweise möchte man dabei keine Gäste empfangen oder andere Leute um sich haben, höchstens den Lebenspartner, ebenfalls in Fat Pants.
    Unsere hochmobile Nonstop-Gesellschaft hat neben dem schlechten Gewissen noch eine Vielzahl anderer Vorkehrungen entwickelt, um ihre erholungsbedürftigen Mitglieder bei jeder einzelnen Episode von "Seinfeld" zu stören: Telefone, SMS, E-Mail - ignorieren Sie alles, lassen Sie sich verleugnen oder schreiben Sie abwimmelnde Lügen zurück. Eine große Hilfe bei der Verschanzung ist natürlich der Anrufbeantworter, der einem das Auswählen erleichtert, und selbst wenn Sie in dieser Disziplin bisher nicht so routiniert waren, Sie werden sehen, auch das ist eine reine Übungsfrage. Nach ein paar erfolgreichen Junk-Food-Tagen auf dem Sofa kann sogar Ihre Erbtante Kriemhild direkt vom Notar aus anrufen, und Sie gehen nicht mehr ran. Ansonsten gilt die Regel: Je besser die Bekanntschaft, desto näher können Sie der Wahrheit kommen. Gute Freunde werden nichts einzuwenden haben, wenn Sie sich dann und wann gediegen unsozial verhalten und sich nicht vom Sofa bewegen.

    Erfreuen Sie sich am sanften Übergang in den Ruhestand
    Und irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem Sie seelenruhig zu Hause bleiben und eine herrliche Zeit in famoser Gesellschaft verbringen, nämlich mit sich selbst. Herzlichen Glückwunsch! Aber eine Warnung: Vergessen Sie nicht, dass da draußen eine Welt existiert. Mit anderen Worten: Sobald Sie erwägen, sich noch ein paar Katzen anzuschaffen und die Mikrowelle neben den Fernseher zu stellen, sind Sie wahrscheinlich dabei zu übertreiben.
    Auch hier hilft eventuell ein Lebenspartner, das lebende Korrektiv. Meiner hilft mir außerdem aufzustehen, wenn meine Fat Pants mal wieder am Sofa festkleben, und ansonsten genießen wir unsere Zeit zu Hause. Richie und ich fragen uns gegenseitig, wenn wir was im Fernsehen akustisch nicht verstanden haben, und natürlich unterhalten wir uns auch, während wir mit Fruchtgummitüten auf dem Bauch vor dem Bildschirm liegen, und zwar darüber, unter welchen Gebrechen wir heute leiden und wie die Verdauung im Moment funktioniert. Das ist als ob wir verheiratet wären. Nur ohne die Steuervorteile. Vielleicht ist das auch wie betreutes Wohnen. Jedenfalls ein sanfter Übergang in den Ruhestand, auf den ich mich schon freue.

    •   Alt

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  2. #2

  3. #3
    Danke so schön

  4. #4

  5. #5
    Ich bleib nicht zuhause, ich geh ins STUDIO!

    Ansehen ?

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