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  1. #1

    Die Reise durch die Sucht - 15 Jahre Stoff

    Ich hoffe ihr kennt folgenden Text noch nicht, auf jeden Fall interessant zu lesen ! Erschreckend ...

    Die Reise durch die Sucht...

    Wie an jedem anderen Tag ging ich auch an diesem Morgen ins Studio und machte mich an den Hanteln zu schaffen. Ich legte zwei 10 Kg Scheiben auf die Stange und bereitete mich auf den nächsten Satz vor. Doch das pralle aufgepumpte Gefühl, das sonst nach ein paar wiederholungen eintrat, war nicht mehr da. Was soll das Ganze fragte ich mich. Noch vor einem Jahr waren 10 Kg Scheiben kein Thema für mich - echte Männer nehmen 20er war mein Motto - aber jetzt war alles anders. An diesem Morgen spürte ich, wie meine Psyche durchgeschüttelt wurde wie selten zuvor. Seit Juni 1995 - fast einem Jahr - hatte ich keine Anabolika mehr genommen, aber der Kampf war noch lang nicht zu Ende.
    Ich trainiere heut völlig anders, als ich es zu meinen Anabolika-Zeiten tat.
    Damals hatte ich die Fähigkeit, durch jedes Training durchzurauschen wie eine Damflock. Meine Körperhaltung war bedrohend und sollte jeden anderen abschrecken. Es gefiel mir, wenn die Leute Abstand hielten, weil ich während des Trainings wie ein Berserker wirkte. Ich Trainierte brutal und die anderen beobachten mich, aber gleichzeitig hielten sie Abstand. Aus jeder Pore kam Intensität. Ich fühlte mich wie ein Gott. Meine Muskelmasse und Kraft - ich wog 130 Kg - gaben mir ein Gefühl, unverletzbar zu sein. Ich glaubte es zumindest. Fünfzehn Jahre Anabolikamißbrauch hatten eine Persönlichkeit geschaffen, die ich für faszinierend hielt. Die anderen - so glaubte ich zumindest - wurden durch mein äußeres, meine Muskeln, meine Kraft und mein exzentrisches Verhalten beeindruckt und angezogen. Jetzt war ich nur noch ein Schatten meiner selbst. Ich wog nur noch 97 Kg und meine Psyche war am rotieren. Ich fragte mich, ob die die anderen mich immer noch respektierten, ob sie mich noch zu ihren Freunden zählten? Werden sie über mich Witze reißen und herumalbern, mich als Gleichwertigen behandeln? Sieht mein Körper noch gut aus, habe ich noch die Power im Training wie früher? Wenn man den Stoff absetzt, muß damit rechnen daß diese Fragen über einen hereinbrechen werden, wie ein Sturm.
    Man muß all seinen Ängsten ins Gesicht blicken können und sich durchkämpfen. Es gehöhrt Kraft dazu, mehr Kraft als zum Trining. Und es dauert lange und ist schmerzhaft.
    Es schien mir, als ob Bodybuilding und die ganze Dopinggeschichte nur dem zweck dienten, mich soweit zu bringen, daß ich mich wohl in meiner Haut fühlte - ein künstliches und vorübergehendes Gefühl, aber gleichzeitig eines, das einen einlullte und ein gefühl des selbstwertes gab. Als Kind war ich übergewichtig - ich wog über 110 Kg - und kränklich. Ich hatte einige Krankheiten, unter anderem Krebs, und war völlig unsportlich. Meine Neigung schien eher zu den Künsten zu gehen. In der Klasse mußte ich dann eine Sportart wählen, und ich entschied mich für Ringen. Ich kann mich noch an meinen ersten Kampf erinnern; ich weiß sogar noch den Namen meines Gengners - Bill Danner - der mich etliche Male in ein Brezel verknotete, bevor es zu Ende war. Am nächsten Tag kam ich kaum noch aus dem Bett. Ich war so fett und schlecht in Form, daß ich die nächsten zwei Jahre keinen einzigen Kampf gewann.
    In der neunten Klasse konnte ich die ersten Siege verzeichnen und in der elften entschloß ich mich dazu, gegen meinen Speck anzugehen. Mein Trainer erkannte, daß ich Hilfe benötigte, um meine unsicherheit zu überwinden und half mir mit einer Diät. In der zwölften Klasse kämpfte ich in der 80 Kg Klasse und war zum Führer der Schulmanschaft aufgestiegen. Mittlerweile kämpfte ich auch in der Nationalliga, was es mir dabei half, einen Studienplatz an der Duke Universität zu bekommen. Ich war sehr auf mein Aussehen bedacht; ich genoß die Kraft, die Muskeln und das Selbstvertrauen, das Ringen mir gab. Ich wollte alle Erinnnerungen an den dicken Jungen, der ich einst war, hinter mir lassen. Aber trotz all meiner Bemühungen konnte ich mich nicht gänzlich von meiner Vergangenheit lösen - unter einer dünnen Schicht neugewonnen Selbstvertrauens war immer noch der kränkliche, dicke Junge mit all seinen Ängsten.

    Der anabole Trip
    In meinem zweiten Jahr an der Uni kam ich erstmals mit Doping in Berührung. Im ersten Jahr hatte ich immer Probleme damit von meinem normalen Gewicht von 90 Kg auf meine 80 Kg Wettkampfgewicht zu kommen. Zu beginn meines zweiten Jahres wurden mir zwei tage vor einem Wettkampf ein paar Tabletten zugeschoben. Man sagte mir, ich sollte eine sofort, die zweite am nächsten Tag nehmen und weiterhin essen wie gewohnt. Ich tat, wie mir geheißen, nahm die Pille und fing an, innerhalb der nächsten Stunden so viel zu Pinkeln, daß mir Kotzübel wurde. Ich verlor im Bereich von fünf bis sechs Kilo und schaffte mit leichtigkeit das Klassenlimit. Ich fühlte mich stark und fing sofort nach dem wiegen an, mir rechlich Wasser und Nahrung zuzuführen. Im laufe des Tages hatte ich fast den gesamten Gewichtverlust wieder ausgeglichen. Obwohl ich mit unter 80 Kg auf der Waage stand, hatte ich bis zum Wettkampf wieder ein Gewicht von 85. Ntürlich gewann ich den Kampf. Das Mittel war Lasix, ein verbreitetes Entwässrungsmittel (auch unter Bodybuildern). Ich dachte damals: "Das ist ja echt lässig - ich will mehr über solches Zeug wissen." Meine Hauptfächer waren damals Ernährungswissenschaften und Politologie, was eines Tages zu einer Anstellung bei Vater Staat hätte führen sollen. Da die meisten meiner Ernährungskurse an der medizinischen Fakultät stattfand, dachte ich, ich würde dort auch mehr über Doping erfahren. Ich bekam schließlich einen Job in der Notaufnahme des Uni-Krankenhauses, wo ich Blut für die Bluttests abnahm. Während meines letzten Kampfes im dritten College-Jahr löste sich mein Brustbein von der Schulter, aber ich war so im Kampfesfieber, daß ich die Schmerzen ignorierte und weiterkämpfte. Nach dem Kampf ging ich sofort ins Krankenhaus. Als bestandteil der Rehabilitation stand auch Hanteltraining auf dem Programm. Meine Kräfte wuchsen und ich fing an, Spaß an dieser Art Training zu entwickeln. Mein Zimmergenosse gab mir schließlich eines Tages ein paar Bodybuilding-Hefte und in einem erblickte ich Boyer Coe. Ich starrte auf das Bild und murmelte: "Schau dir das an - genauso will ich aussehen." Er hatte eine winzige Taille , riesige Arme , gewaltige Schultern und grobe Beine. Ich fragte mich, wie man das nur schaffen könnte? Ich las ein bißchen, unter hielt mich mit verschieden Leuten und schlieslich fiel das Wort Dianabol: vier Tabletten pro Tag, 140 mg in der Woche. Ich hatte keine Ahnung, daß ich bald zwischen 4500 und 5000 mg pro Woche spritzen würde, ohne auch nur einen kritischen Gedanken zu verschwenden. Ich baute ein künstliches Ich auf, ohne es zu merken. Während ich Dianabol nahm, bekam ich dieses leicht brennende Gefühl im Hinterkopf . Zudem bemerkte ich einen super Pump beim training, nahm einiges an Gewicht in Form von Gewebswasser zu und wurde uferlos stark. Ich steigerte mich im Bankdrücken von 80 auf 130 Kg in nur sechs Wochen. Ich sah mich an und sagte: "Du willst richtige Bauchmuskeln? Dann nimm einfach mehr von dem Zeug." Ich trainiertte wie ein verrückter - es war ein Fieber, eine Mischung aus stets steigenden Dosierungen und totalem Training. Ich wollte mehr über Stoff erfahren und mein weg führte mich schließlich in ein kleines Studio in North Carolina, wo ich ein paar Jungs kennenlernte, die mit Doping auf dem laufenden waren. Ich stellte Fragen und fing an, Anabolikagebrauch wissenschaftlich zu begründen.
    Es ging schließlich weiter mit Deca und verschiedenen Testosteronpräperaten. Ich fing an, mich mehr und mehr für die Effekte von Anabolika zu interessieren und las die vorhandene Literatur. Schließlich stellte ich mich der Abteilung für Endokrinologie als Versuchsobjekt zur Verfügung und es wurden alle veränderungen genau überwacht und festgehalten.
    Allerdings hielt ich mich schon nach kurzer Zeit nicht mehr an die Dosierungen, sondern fing an, mir mehr und mehr zu geben als vereinbart, ohne den Ärzten etwas zu sagen. Ich nahm immer mehr und die Einahmezeiten wurden immer länger. Ich kombinierte mehr und mehr Mittel und nahm immer grössere Mengen. Es war verrückt, aber ich war ebenso verrückt...
    Ich fraß wie ein Scheunendrescher. Es war normal, daß ich mitten in der Nacht aufstand und ein Dutzend Eier reinwürgte. Im laufe eines Tages aß ich bis zu 50 Eier - alles nur, um mein Körpergewicht über die 140 Kg Grenze zu bringen. Die einzige aerobe Tätigkeit war die Strecke vom Auto bis zum Studio. Ich war so voll Anabolika und Fressen, daß ich kaum noch Luft bekam. Das Schöne war jedoch, daß der kleine dicke Junge ein Teil meiner Vergangenheit war. Jetzt hatte ich eine Aufgabe: Ich bereitete mich auf auf den Mr. North Carolina vor. Nur mein Ziel zählte, alles andere war unwichtig - auch meine Gesundheit. Ich wollte massig und definiert werden, nur das zählte. Aufgrund meiner Ausbildung und zwanhaften Persönlichkeit führete ich peinlich genau Tagebuch über alles. Obwohl ich alles genau geplant hatte, hatte ich ein Problem mit Wasserspeicherung. Schließlich traf ich mich mit einem befreundeten Arzt, um ihn nach seiner Meinung zu fragen. Er sah mich an und fragte: "Was machst Du da für einen Quatsch?"
    Meine Haut und meine Fingernägel waren grün und das Weiße in meinen Augen war gelb. Und ich hatte von all dem nichts bemerkt. Ich hatte mich auf den Wettkampf vorbereitet - das einzige was zählt war das überschüssige Wasser loszuwerden. Ich hielt die Erschöpfung, die Müdigkeit und mein wohlbefinden nur für Nebenwirkung der Diät. Mein Freund ließ mir Blut abnehmen und einige Untersuchungen machen, die schließlich darauf hinwiesen, daß meine Leber weder Kohlenhydrate, Fett noch Protein verstoffwechselte. Ungefähr 70% meiner Leberfunktion war ausgefallen. Einfach abgeschaltet und abgestorben, sozusagen.
    Ich mußte ein paar Tage auf die Intesivstation und wurde anschließend noch ambulant nachbehandelt. Mittlerweile ist meine Leber wieder in Ordnung, bis auf ein großes Problem: mein Immunsystem. Die Leber ist ein wesentlicher Bestandteil des Immunsystems und in meinem Fall ist sie leider das schwächste Glied in der Kette. Jedesmal wenn ich eine Erkältung oder Grippe bekomme , muß ich besonders aufpassen. Würde meine Leber zu sehr belastet, wären die Folgen Katastrophal für meine Gesundheit. Vieleicht fragen sie sich jetzt, ob ich dann wenigstens dann die Anabolika abgesetzt habe. Nun, kommt darauf an, was sie unter Absetzen verstehen! Ich war von meinem Körperbild abhängig, ich hatte Angst davor wieder wie früher auszusehen. Für mich hieß Absetzen daher, auf eine niedrige Dosierung zu gehen - 1000 mg pro Woche. Auf diese Weise würde der unsichere, übergewichtige Junge in mir ruhig bleiben und mein Scheinbild erhalten.

    Ein Jahr später, 1981, nahm ich an der All-South Championship teil und belegte unter 32 Teilnehmern den vierten Platz. Ich war begeistert von meinem vierten Platz. Jetzt wußte ich, daß man es mit Stoff zum Champion schafft. Ich war so von meinen Erfolgen angetan, daß ich nach Atlanta umzog um dort zu trainieren. Jetzt konnte ich mir einen Traum erfüllen und mit Größen wie Tony Pearson und Paul-Jean Guillaume, der 1986 die Weltmeisterschaft im Mittelgewicht gewann Trainieren. Ich war im siebten Himmel. Damals bemerkte ich daß manche Bodybuilder neben Anabolika noch anderes Zeug nahmen. Es gab eine Art Sub-Subkultur, die sich nebenzu noch mit Amphetamin ("Speed") vollpumpten, um mehr Energie beim Training zu haben. Weil sie danach so aufgedreht waren, mußten sie sich abends ein paar Valium einwerfen, um überhaupt ein Auge zumachen zu können. Ein paar besonders wilde Vögel schnupften sogar Kokain vor dem Training. Ich hielt mich von diesem Jungs fern. Ich war der Meinung, daß Anabolika okay war, weil sie meine Leistung verbessert, wogegen die Psychodrogen dir nur den Kopf verdrehen - ich rationaliesierte mein Verhalten nach bester Manier. Wurde mir dagegen eine Ampulle Testosteroncypionat angeboten, sprang ich vor Freude im Kreis. Anabolika gab mir Kraft, Drogen dagegen würden mich dumm machen - ich würde irgendwo an einer Strassenecke rumhängen wie irgendein ---pieeep---. Es war eine verzerrte Sicht der Realität, die es mir jedoch ermöglichte, mich weiterhin mit Stoff vollzuknallen, ohne einen Gewissenskonflikt zu befürchten. Schließlich gewann ich die ersten Wettkämpfe, was dann im Sieg bei der Southern States Championship resultierte. Jetzt ging die Sache so richtig los, dachte ich zumindest. Ich dachte, Bodybuilding und Anabolika waren der Weg zum Erfolg. Ich vergaß meine eigene Leistung und den Einsatz, den ich brachte. Ich dachte, Erfolg ist nur über Stoff möglich. In mir war immer noch der übergewichtige, kleine Junge, der nichts taugte. Der Erfolg und alles, was damit zusammenhing, war das Produkt der Anabolika und des Bodybuilding -zumindest dachte ich das. Ich machte weiter wie gehabt und suchte nach neuen Information und Substanzen, die mich bulliger und stärker werden ließen. Neue Kombination , Dosierungen, Anwendungen, Training, Ernährun und was sonst noch damit zusammenhing, war für mich das einzig wichtige. Nur der anabole Zustand zählte; Aufbau, Aufbau war der Zauberspruch, der mein Leben verwandelt und in den Bann gezogen hatte. Was ist schöner, als zu wissen, was funktioniert, es anzuwenden und die Erfolge zu ernten - es war die der Flug des Ikarus: hoch und höher, bis das Wachs der Flügel schmolz und er abstürzte.

    Auf nach Mekka
    Nachdem ich im Süden so ziemlich alles an Wettkämpfen abgeräumt hatte, war für mich 1990 der Umzug nach Venice fällig. Venice, am Strand des Pazifiks, vor den Toren Los Angeles und Hollywoods, das Zentrum des Bodybuildings, Kalifornien in Reinform, das war mein Ziel. Jetzt war ich hier, am ziel der Träume, umgeben von den besten Bodybuildern der Welt. Im Süden hatte ich einen Namen, war bekannt, aber hier war ich ein Niemand, ein Neuling. Meine Veranlagung war keineswegs perfekt, aber ich hoffte trotzdem, irgendwann den Schritt in die Profikarriere tun zu können. Ich mußte nur härter trainieren, mehr Stoff nehmen und mich besser ernähren. Ich lernte immer mehr über die Auswirkung von Nahrung auf die Leistung und gab merin Wissen auch gerne weiter. Das gleiche traf auf das Trainingzu. Ich glaube ich war einer der ersten, die nur noch eine Muskelgruppe pro tag trainierten. Als andere schließlich diese Methode übernahmen, wurde mein Ruf langsam besser und ich hatte die Grundlage, um mich erfolgreich als Trainings- und Ernährungsberater selbständig zu machen. Trotz dieses Erfolgs war ich nicht bereit , auf Anabolika verzichten. Meine Persönlichkeit war auf Anabolika und meinen Muskeln aufgebaut. Ich hatte Angst, alles zu verlieren, wenn ich absetzte.
    Mein Ruf tat sein übriges. Ich fühlte mich unter Erfolgsdruck. Ich wollte die erwartung der anderen nicht enttäuschen. Das alles hieß mehr brutal hartes Training, mehr Muskeln, mehr Definition und natürlich mehr Stoff.
    Mein nächstes Ziel war der Mr. California, ein wichtiges Sprungbrett für die Amerikanische Meisterschaft. Mein Dopingprogramm funktionierte, aber ich wollte mich übertreffen und probierte noch einige neue Kombinationen mit STH, Insulin und IGF-1 aus. Ich arbeite auch mit einigen Nahrungspräperaten wie Adenosintriphosphat und einer in Bodybuilding - Kreisen wenig verwendeten Substanz, dem ACTH. Es war natürlich alles illegal und gefährlich, aber was soll`s, sagte ich mir, ich tue es ja für die Meisterschaft. Ich denke, ich war 1991 in meiner absoluten Bestform, aber wurde nur vierter (Ray McNeil gewann schließlich die Meisterschaft). Ich ging kurz darauf auf über 130 Kg hoch bei einem Körperfettgehalt von nur 10%

    Nichts ist umsonst
    Ich wollte bereits seit langem für Weider tätig werden, als sich die Gelegenheit ergab, mit dem Hypnosetherapeuten Peter Siegel an einem Experiment zur Wirkung der Hypnose auf Krafttraining teilzunehmen. Nach einigen Übungsitzungen trafen wir uns im GoldŽs Gym in Venice. Ich bereitete mich vor und fing an und ging bis auf 180 Kg hoch. Als nächstes nahm ich 210 Kg und das Gewicht fühlte sich immer noch leicht an. Peter war der Meinung, daß wir schluss machen sollten. Wir hatten bewiesen das es funktioniert. Aber das Gewicht fühlte sich wie 100 Kg an und ich wollte weitermachen. Ich ging auf 220 Kg. Peter warnte mich, aber ich war noch voll in Fahrt. Ich nahm die Hantel aus dem Ständer und war bereit für die Wiederholung, als ich ein durchdringendes, reißendes Geräusch hörte. Es war passiert, der Alptraum eines jeden Bodybuilders war mir widerfahren - mein Brustmuskel war gerissen. Ich war in einem Schockzustand, der Muskel hatte sich von Oberarmknochen abgelöst und aufgerolltwie eine Jalousie.
    Zwei Tage später wurde der Riß genäht, aber wie immer hörte ich nicht auf meinen Arzt, sondern fing sobald wie möglich wieder an zu trainieren. Ich hatte soviel Bammel davor, meine Masse zu verlieren, daß ich die Dosis erhöhte, um die Effekte der Operation zu kompensieren. Dann, nach all den Jahren des Mißbrauchs, fing mein Körper 1994 an, aufzugeben.
    Ich war dabei , endlose 32 20er Scheiben an der Beinpresse zu machen, als ich einen Schmerz im dem Knie spürte, das in meiner Kindheit ein Krebsgeschwür hatte. Wir machten gerade einen Satz mit hoher wiederhohlungszahl und Intensivwiederholungen und ich war nicht bereit, aufzugeben. Ich mache diesen Satz zu Ende, dachte ich mir. Am nächsten Tag konnte îch nicht mehr Laufen. Mein Orthopädie diagnostizierte, daß ich das Knorpelgewebe gerissen hatte. Eine Operation wurde durchgeführt und die Sache war wieder einigermaßen in Ordnung. Wie immer fing ich auch diesmal zu früh an, wieder zu trainieren und ich nahm wieder mehr Stoff. Kurz zuvor hatte ich ich einen Anriß im rechten Trizeps erlitten, den ich bei dieser Gelegenheit ebenfalls operieren ließ. Es war zu spät, um für den Mr. California Ž95 in From zu kommen, weshalb ich mich entschloß, mich für die Meisterschaft 1996 vorzubereiten. Ich wollte die Meisterschaft gewinnen und danach vom Wettkampfsport zurücktreten, allerdings so, wie ich es mir vorstellte - als Siege. Philip Goglia sollte sollte sich mit Ruhm und Ehre bedeckt, in Höchstform vom Schlachtfeld verabschieden, nicht einfach nur aufhören. Ich wollte meinen eignen Abgang planen und einen erfolgreichen Abschluß hinlegen, bevor ich mich verabschiede. Es sollte ein Abschluß werden, der mir ein gewisses Maß an befriedigung und psychologischem Ausgleich gibt. Ob meine Pläne realistisch oder größenwahnsinnig waren, war mir damls wurscht. Ich wollte nur einfach alle wegputzen; schickt die Frauen und Kinder nach Hause, jetzt kommt Phil Goglia und mach ernst.
    Der nächste Schock kam im Juli 1995:
    Ich trainierte mit besessener Intensität, als ich eines Tages einen abrupten Schmerz in meinem Knie spürte. Ich wollte jedoch auf keinen Fall meine Vorbereitung unterbrechen, weshalb ich mir lediglich eine Cortisonspritze geben ließ und ein paar entzündungshemmende Tabletten einwarf. Aber es half nicht. Ich ging schließlich ins Krankenhaus, um mich nochmals operieren zu lassen. Man sagte mir die Operation würde ca. 45 Minuten dauern und eine Trainingsunterbrechung von einer woche bedeuten. Ich sagte dem Arzt, daß ich für 1996 große Meisterschaftspläne hatte, worauf er bereits antwortete, daß ich mit 36 Jahren zu alt für die Sache wäre, besonders nachdem ich schon über 12 Jahre meinen Körper geschunden hatte. Ich stießseine Warnung in den Wind und sagte ihm, daß dieser letzte Wettkampf für mich alles bedeutete. Der Eingriff dauerte schließlich über drei Stunden und als ich aus der NArkose erwachte, sagte der Arzt, er habe eine gute und eine schlechte Nachricht für mich.
    Noch halb betäubt murmelte ich: "Die gute zuerst" "Die gute Nachricht ist, daß sie wieder gehen können. Die schlechte Nachricht ist das wir den Knorpel nahezu komplett entfernen mußten. Jedesmal, wenn wir ein Stück abschnitte, löste sich ein weiteres."
    Ich begriff erst den ernst der Lage, als ich ein paar Tage später ein Video der Operation sah. Der Arzt kommentierte: "Sie haben jahrelang einen Lastwagen, der für eine Tonne Nutzlast ausgelegt ist, mit zwei Tonnen belastet - irgendwann mußte irgendetwas kaputtgehen." Natürlich hatte er recht. Anabolika hat einen Entzündungshemmenden Effekt, der mir stets den Eindruck gab, alles wäre in Ordnung. Ich fühlte einfach den Schmerz nicht, der durch die kleinen verletzungen verursacht wurde. Stattdessen trainierte ich immer weiter, bis mein Körper schließlich nicht mehr mitmachte.
    Um für mein Knie ein gewisses Polster zu schaffen, hatte der Arzt mehrere Löcher in den unteren Teil des Kniegelenks gebohrt. Auf diese weise wurde dieser Bereich mit Blut durchspült, was eine Art künstliches Knorpelbett schuf. Allerdings konnte dieser Ersatz nicht den Lasten eines harten Trainings standhalten. Er machte mit unumwunden klar, daß meine Wettkampfzeiten vorbei waren.
    Als ich die Situation in Gedanken durchging, wurde mir auch klar, daß das auch verzicht auf Anabolika bedeutete. Ich erkannte , daß ich mir eine Familie wünschte und endlich wie ein Erwachsener leben und fühlen sollte. Es war an der Zeit, das Versteckspiel hinter meinen Körper zu beenden. Die Frage war jedoch, ob ich den Mut hatte, mich mit der Person auseinanderzusetzen, die hinter dem Monster wartete.
    Ich wurde katholisch erzogen, aber bin im Laufe der Jahre vom Glauben abgekommen. Auf meiner Suche nach der Bedeutung des Erlebten fand ich mich bald wieder in der Kirche und begann, den Worten aufmerksam zu lauschen. Ich erkannte, daß es tiefere Gedanken bedurfte, um den Glauben an Dinge zu gewinnen, die über das rein körperliche hinausgingen. Jahrelang glaubte ich, daß meine Muskelberge und der Stoff mich von meinen Unsicherheiten befreiten und den übergewichtigen Jungen immer weiter in die vergangenheit schubste. Aber jetzt wurde mir klar, daß ich ich mit Gefühlen auseinandersetzen mußte, denen ich den Großteil meines Lebens aus dem Weg gegangen bin. Ich fällte damals die Entscheidung, alle Dopingmittel abzusetzen und endgültig damit aufzuhören - ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukommen würde.....

    Der lange Weg zur Kontrolle
    Ich wünschte, ich könnte Hoffnung vermitteln, indem ich reinen Gewissens behaupten könnte, das Absetzen aller Dopingmittel wäre ein Zuckerschlecken. Dem ist jedoch nicht so. Auf der anderen Seite kann ich aber bestätigen, daß es möglich ist - wenn auch mit mühen.
    Nach meiner Knieoperation, die statt der geplanten 45 Minuten sich über drei Stunden erstreckte, kam der Arzt zu mir und verkündete mir, daß die Operation wesentlich komplizierter als geplant war. Es war eine gemischte Nachricht, als er mir sagte, daß ich zwar weiterhin normal gehen können würde, aber Bodybuilding endgültig aus und vorbei sei. Ich dachte zunächst, daß er nur übertreibt. Schließlich hatte ich schon einige ernste Verletzungen und Erkrankungen überstanden, und ich dachte, daß ich es auch diesmal schaffen würde - wie immer. Diese Denkweise ist einfach typisch für jemand, der auf Stoff ist. Man denkt, man wäre unverletzbar - vieleicht ist dies nur ein unterbewußtes Phänomen, aber es beeinflußt das Handeln. Man hält sich für überlegen und glaubt, man könnte es trotz allem irgendwie durchziehen und es schaffen, egal wie.
    Gleichzeitig war auch mein Wunsch, die Kalifornische Meisterschaft 1996 zu gewinnen, ein Dorn in meiner Seite. Ich erkannte, daß Bodybuilding sich zusehend zu einem Mama-und-Papa-Sport entwickelte. Damit meine ich, daß es immer darauf ankommt, welche Veranlagung man von seinen Eltern mitbringt. Ohne optimale genetische Voraussetzungen kann man kaum noch eine Stadtmeisterschaft gewinnen. Ich erkannte auch, daß ich nicht die Veranlagung hatte, um die Amerikanische Meisterschaft zu gewinnen (trotzdem träumte ich von einer Profilizenz - vieleicht hätte es ja durch irgendeinen Zufall geklappt), weshalb ich mich mit dem Sieg bei der Kalifornischen Meisterschaft von der Wettkampszene verabschieden wollte. Ich nahm an, daß ich glücklich und zufrieden sein würde, wenn ich in der Form meines Lebens bei der Kalifornischen Meisterschaft antreten und siegen würde. Vermutlich war es nur mein Stolz, der mir dieses Gefühl vermittelte, aber ich war überzeugt davon, daß ich mitmachen müßte, um glücklich den Wettkampfsporthinter mich bringen zu können. Aber auf einmal sagt mir ein Quacksalber, daß ich meine Träume vergessen soll. Er zeigte mir schließlich die Operation auf Video. Ich sah, wie jeder Rest des Knorpels entfernt wurde. Jedesmal, wenn er eines der Werkzeuge in das Knie einführte, sprang ein Stück Knorpel ab und mußte entfernt werden. Ich hatte einfach mein System zu lange überlastet. Der jahrelange Anabolikagebrauch begann jetzt seine Schulden einzutreiben. Es ist bekannt, daß Anabolika eine entzündungshemmende Wirkung haben, was bedeutet, daß Verletzungen und Schmerzen überdeckt werden und sich so unbemerkt entwickeln können. Man hat selbst keine Kontrolle über das Ausmaß der Verletzung, weil die Anabolika ständig den Entzündungsprozeß unterdrücken. Anabolika helfen dem Körper bei der Erholung und Wiederherstellung; sie unterdrücken aber damit auch das Verlangen des Körpers nach Erholung und die ständige Überlastung nicht. Dazu kam meine Arbeitsethik: Wenn ich Schmerzen spürte, trainierte ich einfach durch den Schmerz durch. Ich habe mir selbst immer wieder eingeredet, daß ich es schon schaffen werde. Weiterhin bewirkten die Anabolika, daß meine Sehnen, Bänder und Knorpel ihre Elastizität verloren - gleichzeitig nahm meine Kraft und damit die Belastung des Bindegewebes zu. Es war, als ob man von zwei Seiten einen Tunnel gräbt. Schließlich passierte das Unvermeidliche und mein Knorpel gab nach.

    Kontakt mit der Wirklichkeit
    Ich weigerte mich, die Warheit zu erkennen- ich fragte den Arzt, wann ich wieder trainieren kann. Ich kann mich erinnern, daß ich sagte: "Ich habe nächstes Jahr einen Wettkampf." Der Arzt antwortete: "Philip, wach auf - du wirst an keinem Wettkampf mehr teilnehmen. Du bist 36 Jahre alt. Du hast kein Knorpelgewebe mehr in Deinem rechten Knie, du hast dir zweimal einen Brustmuskelriß zugezogen, dein Trizeps wurde zweimal angenäht und wir haben Narbengewebe aus deinen Handgelenken entfern, das sich durch die jahrelange Belastung angeasammelt hatte - ganz zu schweigen von deinem Krebs in der Kindheit. Nimm Gewicht ab, setz den Stoff ab und vergiß es." Das war die härteste Nachricht, die ich je gehört habe - vor allem hatte ich erwartet, daß ich nach einer kurzen Operation und drei Tagen Pause schnell wieder im training sein könnte.
    Der Arzt sagte, ich sollte den Stoff absetzen, meine damalige Frau sagte, ich sollte den Stoff absetzen und sogar meine Freunde sagten, ich sollte absetzen. Ich sah mich selbst im Spiegel an und sagte zu mir: "Nur noch einmal." Es dauerte noch einen Monat, bis die Wirklichkeit zu mir durchdrang und ich die Entscheidung zum endgültigen Absetzen traf. Ich wollte jetzt wissen, wie das Leben ist, wenn nicht alle Gefühle und Wahrnehmungen durch den Stoff beeinflußt werden. Ich warf einen Blick auf meinem Stoffplan und entschied, daß ich es schaffen könnte. Danach begann ich mit dem Ausschleichen. Ich hatte Angst vor dem, was jetzt auf mich zukommen sollte. Jede Woche setzte ich ein paar weitere Mittel ab. Im Rückblick muß ich sagen, das ich wahrscheinlich zu schnell ausgeschlichen bin: Ich gab mir nur vier Wochen. Schließlich hatte ich bis zu 5000 mg Anabolika pro Woche genommen, und jetzt versuchte ich, mit Gewalt auf die Bremse zu treten. Als nächstes hörte ich mit Clenbuterol, den wasserlöslichen Mitteln und den Tabletten auf. Danach waren Adenosintriphosphat und Cytomel, ein Thyroxinpräparat, an der Reihe. Es war verrückt, aber ich hatte besonders Angst davor, das Thyroxinpräparat abzusetzen - schließlichsorgte es dafür, daß ich nicht an Fett zunahm. Wenn ich absetzen würde, wäre ich vieleicht schon bald wieder das dicke Kind, das ich einst war. Trotz meiner starken Abhängigkeit, entschloß ich mich zu einem Test und stoppte die Einahme über Tage an einem Wochenende. Als ich am Montag einen Blick in den Spiegel warf, sah ich immer noch dieselbe Form.

    Entzugsdressionen
    Zum erstenmal seit 15 Jahren mußte mein Körper ohne eine ganze Litanei verschiedener Medikamente auskommen. All meine Hormondrüsen war daran, ans Nichtstun gewöhnt; alle Stoffwechselvorgänge waren an einen Überschuß an steuernden Hormonen gewöhnt - kein Wunder, daß mein Körper und mein Geist jetzt rebellierten und eine tiefe Depression folgte. Depressionen sind eine häufige Begleiterscheinung beim Absetzen von Anabolika, besonders wenn man zu schnell absetzt. Allerdings ließ mir mein zwanghafter Charakter wenig Wahl. Sobald ich mich dazu entschließe, etwas zu tun, versuche ich es mit aller Gewalt. Das traf genauso auf das Absetzen zu. So lange ich auf Stoff war, hatte ich das Gefühl, daß ich mit meiner Kraft die Welt beherrschen könnte. Aber jetzt kam das dicke Kind mit all seinen Ängasten wieder hervor. Meine Angst wandelte sich langsam in Panik um. Mein Gefühlsleben war so verwirrt, daß ich manchmal bei dem Gedanken daran, wieder Fett zu werden, in Tränen ausbrach. Meine ganze Welt war nur um den Sport herum aufgebaut und meine Persönlichkeit war entsprechend ausgeformt. Die Welt außerhalb des Studios war schon immer ein Problem für mich. Ich hatte Schwierigkeiten dabei, in Alltagssituationen mit "normalen" Menschen umzugehen. Deren Leben war nicht den verschiedenen Bodybuilding-Riten unterworfen: Andere mußten nicht sechs Mahlzeitenpro Tag zu sich nehmen, ihre Leistungen ständig überprüfen, ihren Wasserhaushalt kritisch betrachten oder die neue Ader auf der Schulter bewundern. Die Tatsache, daß ich von politischen, sozialen und wirtschaftlichen Dingen nicht besonders viel wußte, machte die Sache nicht einfacher. Ich war im Studio zuhause - ich fühlte mich dort wohl. Aber nachmeiner Entscheidung zum Absetzen fragte ich mich, ob ich überhaupt noch ins Studio passen würde. Verschlimmert wurde es durch mein sinkendes Körpergewicht. Am Anfang des Entzugs wog ich 120 Kg, dann fing mein Körper an, sich langsam auf ein natürliches Gewicht zuzubewegen. Ich ging auf 118, dann 115 und schließlich 110 Kg herunter. Ich wurde fast wahnsinnig. Seit Jahren hatte sich mein Selbstvertrauen auf meine Kraft und meine Körpermaße aufgebaut. Die Eigenschaften, die mir seit Jahren vertraut waren, schmolzen wie Schnee im Frühling. Es war beängstigend, erschreckend und deprimierend. Dann ging natürlich auch noch meine Kraft zurück. Ich überlegte mir schon ob ich nicht meinen Vertrag im GOLDŽs GYM kündigen sollte und lieber einen Gymnastikstudio beitreten sollte. Die Erinnerungen an die schweren Trainingseinheiten der Vergangenheit, bei denen ich mich mit 100 Kg für Rudern in Vorbeuge aufwärmte, Beinpressen mit 560 Kg machte oder 65 Kg Kurzhanteln beim Schulterdrücken nahm, quälten mich immer wieder. Auf einmal war ich nicht mehr der stärkste Bodybuilder im Studio, ich konnte nicht mehr endlos trainieren und alle Betrachter damit verblüffen. Es ging einfach alles dahin, und ich fühlte mich unendlich depressiv.

    Durchsichtig
    Mein zweites Problem war ,daßich nicht mehr den Pump hatte, den ich mit Stoff gehabt habe. Der Pump nach einem Satz gehört zu den schönsten Dingen im Bodybuilding - man fühlt sic kraftvoll und mächtig, aber jetzt war es weg. Selbst wenn ich die Luft anhielt konnte ich meine Adern nicht mehr hervorquellen lassen. Die ganze körperliche Reaktionen, an die ich mich im Laufe der Jahre gewöhnt habe, waren jetzt weg. Nicht nur das - ich hatte den Eindruck, daß ich keine Kontrolle mehr über mich selbst hatte. Ich hatte das Gefühl, ich werde durchsichtig - die anderen konnten einfach durch mich hindurchsehen und mich Ignorieren. Mein schlimmster Alptraum schien war zu werden. Als ich mit meinem Körpergewicht bei 105 Kg angekommen war, entschloß ich mich zu einem typischem Manöver: Ich ging einfach mit Volldampf in die andere Richtung. Ich entschloß mich, möglichst viel Masse anzubauen, indem ich mein Ausdauertraining auf bis zu 35 Km auf dem Standfahrrad erweiterte. Ich war besessen. Ich radelte und schwitzte wie ein irrer. Gleichzeitig versuchte ich, alles herauszufinden, was man mit Nahrungspräperaten machen kann, um den Körperfettgehalt niedrig zu halten. Ich versuchte, meine Depression zu überwinden, indem ich ein neues Ziel mir setzte , das ich mit all meiner Besessenheit verfolgen konnte. Zum Schluß blieb mein Gewicht bei 98 Kg stehen und ich mußte mich mit anderen Aspekten des dopingfreien Lebens beschäftigen. Ich erkannte, das ich zur Partnerschaft unfähig war. Ich war dreimal verheiratet, worauf ich nicht stolz bin. Als Bodybuilder glaubte ich den Blick immer nur nach vorn richten zu müssen. Ich ging wie ein Bulldozer durchs Leben, ohne nach hinten zu blicken. Allerdings verlor ich dabei auch meine Fähigkeit, wie ein Mensch zu fühlen. Ich wurde wie ein Roboter, der nur seine Aufgabe erfüllt. Ich konnte kaum mit anderen vernünftig kommunizieren und es fehlten mir die Fähigkeiten, um mit den Alltagsproblemen fertig zu werden. Ich dachte, daß ich kommuniziere, aber tat ich es wirklich?
    Meine Familie hat einen intellektuelen Hintergrund, der uns lehrte, mit Vernunft vorzugehen. Wir liebten uns, aber es war keine überschwengliche Atmosphäre vorhanden. Durch die Anabolika wurde ich noch extremer und meine bescheidene Gefühlswelt schien sich ganz aufzulösen. Mein Verstand arbeitete wie eine Maschiene und ich mußte auf jedes Wort achten, das aus meinem Mund kam. Ich wurde schnell gereizt und wenn ich nicht darauf achtete, fiel sofort eine sarkastische Bemerkung, die mein gegenüber schwer verletzte. Ich fing an, meine Gespräche zuerst geistig zu üben, bevor ich meinen Mund öffnete - ich wollte einfach nicht mißverstanden werden. Meistens behielt ich einfach alles für mich, daß möglicherweise negativ aufgefaßt werden konnte. Ich wollte immer ehrlich und offen sein, aber meine Definition davon war so verdreht, daß ich mich immer zensierte und kaum noch mich mitteilte. Schließlich wurde ich zu dem, was ich verabscheute: zu einer unehrlichen, oberflächlichen Person.
    Vor meinem Entzug war ich der Meinung, daß ich alles so gut unter Kontrolle habe, das der Stoff kein Faktor bei meinen Scheidungenwar. Ich dachte, ich wäre dazu zu Intelligent. Allerdings weiß ich heute, daß es anders war. Der Stoff und der Wunsch zu trainieren haben eine erhebliche Rolle bei der Zerstörung meiner Beziehung gespielt. Ich weigerte mich immer. mit meiner Frau zu diskutieren, wenn ich anschließend ins Training gehen mußte (und das mußte ich fast immer). Meine Ziele sind jetzt wichtiger, sagte ich mir. Aber in Wirklichkeit fehlten mir die Möglichkeiten, um eine Grenze in der Beziehung zu ziehen. Ich war bereit, nachzugeben und alles in Ordnung zu bringen, nur um ins Training zu kommen, was weder gesund noch lebensfähig war. Ich war so vernunftorientiert, daß ich weder meine noch die Gefühle meiner Partnerin warhaben wollte. So kann man jedoch keine Partnerschaft aufrecht halten, aber die Möglichkeit ist vorhanden.

    Neue Prioritäten
    Das Umgehen mit Menschen wieder zu erlernen, ist eine wichtige Priorität in meinem Leben geworden, seitdem ich mit dem Stoff Schluß gemacht habe. Da ich ein erfolgreiches Trainings- und Ernährungsberatungsgeschäft betreibe, ist das besonders wichtig. Viele meiner Kunden haben mit Bodybuilding nichts zu tun; wie in Los Angeles so üblich, sind viele aus der Film- bzw. Showbranche. Nicht oberflächlich zu sein und mich in meiner Haut wohl zu fühlen, ist nach wie vor eine Herausforderung für mich. Es wird langsam besser, aber es gibt immer noch unangenehme Augenblicke - man kann 15 Jahre einseitiges Denken nicht über Nacht beseitigen. Bis heute fühle ich hin und wieder das Verlangen, noch eine Anabolikakur zu machen, um wieder massiger und definierter zu werden. Besonders, wenn ich hart trainiere und an meine Grenzen und mich erinnere, wo meine Grenzen einst lagen. Vieleicht habe ich di Enttäuschung und Verbitterung einfach noch nicht überwunden.. Es ist jetzt einfach ein trauriges Gefühl, ein Verlangen. Es ist wie eine Urlaubsliebe, die man nicht wiedersieht, wie eine unvollständige Beziehung. Bei solchen Gelegenheiten denke ich mir, daß mein Schicksal mich ein wenig betrogen hat und es mir nicht vergönnt war, lang genug dabei zu bleiben, um meine Ziele zu erreichen. Eine Zeitlang hielt ich den Schlüssel in der Hand, dann aber flitzte jamand an mir vorbei und entriß ihn mir. Ich war noch nicht bereit aufzuhören - das Ende kam zu früh. All das mag sich nach dem Herumgeheule eines Weichlings anhören, aber dem ist nicht so. Meine Gefühle sind echt, tief und unzensiert - sie haben mich dazu gezwungen, mich mit der Wirklichkeit zu beschäftigen. Wenn ich ab und zu an die Anabolikakur denke, weiß ich auch, daß alles mit einem Tablettchen und einer kleinen Spritze anfängt. Ich kann es mir nicht erlauben, wieder anzufangen - aber ich würde es gerne. Auf der anderen Seite kann ich auf ein blühendes Geschäft blicken und es geht mir meistens recht gut. Ich habe einige echte Freunde, die mich nach wie vor mögen und respektieren und meinen Wert nicht anhand meiner Leistung oder meines Verhaltens messen (mein Verhalten ist sowieso bescheuert).

    Durchhalten
    Meine schlimmsten Ängste habe ich verarbeitet und ich weiß jetzt, wer der echte Philip Goglia ist. Zum erstenmal seit Jahren fühle und erlebe ich meine eigene Identität. Ich muß jeden Tag auf neue mein Leben erfahren und verarbeiten. Manchmal ist es schwierig für mich, zu beurteilen, ob ich einen Selbstwert habe oder nicht. Ich bin noch zu nahe am Absetzen dran. Ich lerne. Ich lerne, daß der Schmerz die Schwierigkeiten und wiedersprüche mich stärken. Zumindest sieht es für mich so aus. Mein Ziel ist es, zu lernen, wie ich mein wahres und ehrliches Ich verwirklichen kann. Es war eine 16-jährige Reise, auf der es durch Dunkelheit und Grausamkeit, Traurigkeit und Verblüffung ging. Es war meine Entscheidung Anabolika und die anderen Mittel zu nehmen und ich habe daraus ein Leben geformt. Habe ich dadurch etwas verloren? Habe ich den Kern meiner Gefühle verspielt? Vieleicht bin ich jetzt an einem Punkt angelangt, an dem ich endlich lerne, mein Leben zu Steuern. Ich kenne jetzt einige der dunklen und hellen Flecken im Leben. Ich möchte ehrlich und unverblümt meine Gefühle zeigen. Ich halte mich für jemand, der das Glück hatte, die andere Seite zu erleben. Ich habe nicht im Wiederspruch gelebt - ich war ein Wiederspruch. Ein Gegeneinander meiner Prioritäten. Ein Lebensstil, der mich 15 Jahre begleitete und den ich nie aufgeben wollte, ging auf einmal zu Ende. Es war die schlimmste Erfahrung in meines Lebens. Ich bin sehr froh, heute da zu sein, wo ich bin und die Lektion aus dieser Erfahrung ist einfach: Die Hölle ist in uns, aber wir erkennen den Teufel nicht, weil er bereits in uns sitzt - aber ebenso ist all das Gute in uns und wir übersehen es ebenfalls, wenn wir uns unseren Gefühlen verschließen. Es liegt alles nur einen Augenblick und ein Leben auseinander. Ich bin ein Überlebender des Anabolikakriegs. Meine Geschichte ist kein Beispiel zum Nachahmen. Ich berichte nur über mein Schicksal und hoffe, daß ein paar Leute es verstehen. Falls man irgendetwas daraus lernen kann, dann vieleicht Folgendes: Wenn man Stoff nehmen will, muß man sich klar darüber sein, daß irgendwann einmal alles vorbei sein wird. Irgendwann sind die Muskeln, die Kraft und die Energie weg und man muß ein neues Leben führen. Wer sich nicht rechtzeitig vorbereitet hat, wird den kühlen Wind der Wirklichkeit empfindlich kalt spüren. Anabolika und der Rest der Dopingmittel sind keine bunten Vitamintablettchen - es ist harter Stoff, härter als die meisten begreifen können oder wollen. Nur sehr sehr wenige schaffen den Übergang, ohne daß sie selbst und andere darunter leiden müßten. Das steht fest. Vor ein paar Wochen habe ich mit meinem Freund Matt trainiert. Jetzt, ohne Masse, dünn wie ich war, trug ich ein paar 15 Kg
    Kurzhanteln durch das Studio, als mich ein Jungstift, vieleicht 21 Jahre alt und massiv wie ein Ochse, bei Anheben seiner Hanteln anrempelte, ohne ein Wort zu sagen. Ich hielt kurz inne und wandte mich zu MAtt:" Weißt du, ich hoffe, ich war nicht so. Ich hoffe, ich habe keine 36-jährigenumgeschult, während ich nach meinen 70 Kg Hanteln gefischt habe." Ich schüttelte meinen Kopf und setzte hinzu:"Der arme Hund weiß nicht, daß er gerade seiner Zukunft in 15 Jahren in die Augen gesehen hat." Dann habe ich mir einen abgelacht. Mein Humor hilft mir mehr als alles andere, diese Zeiten zu überstehen. Manchmal ist es nur mein Humor, der mir beim Aufstehen am Morgen hilft. Ich brauche mich dann nicht so ernst nehmen.
    Gott sei Dank kann ich immer noch lachen!

    •   Alt

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  2. #2
    Wahrhaft bedrückend.

    Wie ich vor ein paar Tagen las, hat eine Studie an Harvard-Studenten ergeben, daß 10 % der Steroidabhängigen später von harten Drogen wie Heroin abhängig werden.

  3. #3
    du das glaub ich sogar noch

    wenn die Hemmschwelle mal übersprungen ist liegen die Türen offen wenn man keine gefestigte Persönlichkeit hat

    und mal ganz ehrlich, welcher Steroidanwender hat die ?

    ohne Komplexe greift keiner zum Stoff Ansehen ?

  4. #4
    ohne Komplexe greift keiner zum Stoff
    Ansehen ?

    joke, ein sehr guter Text

  5. #5
    ohne Komplexe greift keiner zum Stoff
    Außerhalb des Wettkampfbereiches hast Du damit auf jeden Fall recht. Ist schon schlimm. Ansehen ?

  6. #6
    glaube auch nicht dass jemand stoff nimmt nur den wettkämpfen zuliebe Ansehen ?

    reich wird man damit nicht

    ok ein paar Beispiele gibts, wie zB einen Kevin Levrone der in der Offseason immer auf 70kg geschrumpft ist und dann innerhalb von nen paar Monaten wieder in Bestform auf der Bühne gestanden ist

    der hats wirklich wegen dem Geld gemacht

    das sind vielleicht 5% der Wettkampfathleten

    der Rest hat schon jahrelange Steroiderfahrung bevors auf die Bühne geht

  7. #7
    @joke: Ich kenne aus einem BB-Forum einen netten Vorarlberger, der für sein Alter echt bombig aufgebaut hat, aber dennoch die Finger nicht von Stoff lassen konnte. Hast Du für sowas eine Erklärung? Ansehen ?

  8. #8
    haha Ansehen ?

    waren fakes, leider oder zum Glück, ist wohl Interpretationssache Ansehen ?

  9. #9
    @joke: Bleibt die Frage nach dem Warum. Du hast das doch gar nicht nötig, Du bist natural mehr als beeindruckend genug. Wo ist Dein Problem? Laß besser die Finger davon solange das noch leichter geht, später schaffst Du den Absprung erst recht nicht. Ansehen ? Ansehen ?

  10. #10
    wenn man nicht die Kontrolle verliert über den Konsum gehts ja noch

    ob das aber wirklich jahrelang möglich ist ist die Frage !

    auch natural kann man in jahrzehntelanger Arbeit beeindruckende Ergebnisse erreichen mit denen ich auch sicher zufrieden wäre

    man arbeitet heute leider zu oft nach dem Motto "höher, schneller, weiter"

    hast sicher Recht mit deinen Aussagen

    solange man diesen Sport macht wird das Thema aber immer im Hinterkopf sein

  11. #11
    ok ein paar Beispiele gibts, wie zB einen Kevin Levrone der in der Offseason immer auf 70kg geschrumpft ist und dann innerhalb von nen paar Monaten wieder in Bestform auf der Bühne gestanden ist

    naja nicht auf 70 sondern eher auf 90-100 Ansehen ?


    hatte gestern nen toles gespräch mit sonem spacken. der saß bei uns am tisch und meinté doch plötzlich " ey du alter, du nimst eh anabolika, deine schultern, das nich mehr normal alta, ich kenn auch leute die sowas nehmen, das sieht man direkt"

    ich hätte so kotzen können. nur gut dass meine freundin dazu nur gesagt hat " wenigstens kann er rammeln wien Ochse"


    aber mich regt sowas tierisch auf. vor allem wenn das nen 50kg wurst zu einem sagt.

    ok ich bin on, aber ich hab auch ohne stoff 88kg auf die waage gebracht und mit 150kg gebeugt und 120 gedrückt...

  12. #12
    joke, ich sehe das so.


    da wir alle das training LIEBEN, nimmt es einen extrem hohen stellenwert in unserem leben ein.

    ich rede jetzt von mir.

    es ist für mich einfach geil zu merken, dass ich immer stärker werde. wenn ich mit 40kg kh schulterdrücken mache fühle ich mich einfach prächtig. auch besonders weill alle einen anglotzten.


    2ter faktor: der PUMP ist GEIL! unnormal GEIL!

    3ter faktor: man weiß, dass man ohne stoff nie so aussehn kann wie man gerne möchte.


    mfg

  13. #13
    joke, ist echtn sehr guter text Niklas`, du bist doch erst 20 und da brauchst schon stoff? Ansehen ?

  14. #14
    wrestlingpassi, ich brauch gar nix.

    hab nur meine Meinung kund getan. Ansehen ?

  15. #15
    Niklas`, Ansehen ? passt schon wieviel kilo haste durch die kur denn zugenommen?

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