KAPRUN (SN-schwi).

Auf dem bestens organisierten Schwarzmarkt für Anabolika und andere Dopingmittel tummeln sich nicht nur Spitzenathleten, sondern auch viele Freizeitsportler. Sportmediziner und Dopingexperten warnten auf der Sportärztewoche in Kaprun am Montagabend nicht nur vor der Einnahme verbotener leistungsfördernder Mittel und den damit verbundenen großen gesundheitlichen Risiken, sondern auch vor wahnwitzigen Dosierungsanleitungen und falsch deklarierten Produkten. Das heißt: Vielfach steht auf den Verpackungen der illegal gehandelten Präparate etwas anderes drauf, als tatsächlich drinnen ist.

Hans Geyer vom Institut für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln, einer der führenden Einrichtungen in der Dopingbekämpfung, verwies auf Studien, wonach 24 Prozent der Männer und acht Prozent der Frauen in Fitness-Studios angeben, Anabolika zu schlucken. 15 Prozent davon konsumierten Anabolika nicht, weil sie ihre Leistung steigern wollten, sondern "um das Aussehen zu verbessern" - um zum Beispiel breitere Schultern zu bekommen.

Wie kommen nun derart viele Freizeitsportler an die Dopingsubstanzen? Geyer erklärte, dass der Schwarzmarkt vor allem über Bücher, wie das "Underground Steroid Handbook" oder "European Anabolic Update", gesteuert würde. Dort ist zu erfahren, wo welche Mittel zu beziehen sind, es gibt genaue Preislisten (rund 800 Euro für eine zwölftägige "Kur") und Dosierungsempfehlungen, die Medizinern die Haare zu Berge stehen lassen.

Die Angaben erfolgten ohne wissenschaftliche Grundlage, erklärte Hans Geyer, meist beziehe man sich auf die Erfahrungswerte erfolgreicher Bodybuilder. Das führe dann dazu, dass nicht nur ein verbotenes Anabolikum, sondern gleich mehrere auf einmal geschluckt würden - bis zu 200 Milligramm pro Tag und mehr. In der Medizin würden aus therapeutischen Gründen maximal zehn Milligramm pro Tag verschrieben. Besonders verrückt: Um die Nebenwirkungen der überdosierten Mittel zu verringern, wie übertriebenes Brustwachstum bei den Männern, würden zusätzliche Medikamente (etwa Antiöstrogene) geschluckt.

Unter 48 verbotenen Produkten, die das Kölner Institut für Biochemie untersuchte, waren zudem 20 Fälschungen. Geyer nannte ein Extrembeispiel: Ein kleines Döschen sollte ein Wundermittel enthalten, das nicht nachweisbar sei. Tatsächlich handelte es sich um banales Sesamöl. Der Vertreiber verlangte dafür 300 Dollar. Das "teuerste Salatöl", das Geyer jemals in die Hände bekommen hat. In diesem Fall trifft es nur die Geldbörse des Käufers. Geyer verwies aber auch auf viele Produkte, die zum Beispiel andere Hormone als die auf der Verpackung angeführten enthielten. Das aber grenzt an vorsätzliche Körperverletzung.

Geyer und sein österreichischer Kollege Günther Gmeiner vom Dopinglabor in Seibersdorf warnten auch nachdrücklich vor Nahrungsergänzungsmitteln für Sportler (Vitamine, Aminosäuren, Kreatin und dergleichen), die durch Schlampereien bei den Abfüllern teilweise mit so genannten Prohormen "kontaminiert" seien. Gesundheitliche Gefahren gehen davon nicht aus, jedoch haben diese Erzeugnisse sehr wohl positive Dopingbefunde zur Folge. Entsprechende Studien wurden bereits im Frühjahr 2002 veröffentlicht, Nachfolgeuntersuchungen laufen noch. Dabei zeigte sich mittlerweile, dass es auch bewusst gefälschte Zusatznahrung gibt, um die "Wirkung zu erhöhen". Die Dopingexperten verwiesen auf Internetadressen mit Informationen, welche Produkte als relativ sicher gelten: www.doping-info.de oder www.osp-koeln.de. Eine "Weißliste" ist auch über den österreichischen Radsport- und über den Skiverband erhältlich.


© SN. Quelle: Salzburger Nachrichten