Proteinzufuhr nach dem Training: Das zwei-Stufen-Modell

Seit etwa 15 Jahren ist aus sportmedizinischen Untersuchungen bekannt, daß durch intensive körperliche Belastung von mehr als einer Stunde erhebliche Mengen an Aminosäuren verloren gehen. Anfangs wurde die vermehrte Harnstoffbildung primär auf den Abbau der Aminosäure Alanin zurückgeführt. Spätere Untersuchungen zeigten, daß alle Aminosäuren unter Belastung abgebaut werden können.

Wodick hat mit seiner Arbeitsgruppe den Verlust der einzelnen Aminosäuren für einige standardisierte Belastungen berechnet. Danach führen zwei Stunden intensives Kraftausdauertraining im Fitness-Studio zu einem Aminosäureverlust von etwa 20g. Ein Marathonlauf kostet bei maßvoller Geschwindigkeit (entspricht drei Stunden Laufzeit) bereits etwa 40g Aminosäuren. Die Bedeutung dieses Aminosäurenverlustes ergibt sich daraus, daß der Mensch nur einen verfügbaren Bestand von etwa 100g besitzt, den sog. Aminosäurepool. 90% davon befinden sich in den Zellen und ermöglichen dort vor allem die Proteinsynthese.


Ein Verlust von 20-40% des Bestandes an Aminosäuren entspricht der Situation bei schweren und schwersten Erkrankungen. Darüber hinaus führt der särkere Abbau einzelner Aminosäuren 8im Einzelfall bis zu 60%) zu einer des Gleichgewichts im verbleibenden Aminosäurepool, was sich wiederum ungünstig auf die Proteinsynthese auswirkt. Ohne Zufuhr hochwerigen Proteins über die Nahrung oder in Form eines Aminosäurepräparates ist der Trainingseffekt, sprich Muskelaufbau gefährdet. Unter ungünstigen Umständen, etwa im Falle des sog. Übertrainings, droht sogar der Verlust von Musklemasse trotz harten Trainings.


Die Veränderungen im Aminosäurehaushalt schränken auch die Fähigkeit des Organismus zu regenerativen Prozessen ein, u.a. die Entgiftung des unter Belastung angefallenen Ammoniaks durch die Leber. Daher ist es wichtig, die verlorenen Aminosäuren so rasch wie möglich wieder zuzuführen, um eine optimale Proteinsynthese und Regeneration zu ermöglichen. hierzu ist die zufuht von Aminosäuren in Form von normaler Ernährung völlig ungeeignet. Selbst eine Zufuhr in Form von gutem, leicht verdaulichen Milcheiweiß unmittelbar bei Trainingsende reicht nicht aus, weil die Verdauung und Aufnahme der enthaltenen Aminosäuren noch zu langsam vor sich geht.


Die Zufuhr freier Aminosäuren dagegen ermöglicht eine wesentlich schnellere Aufnahme: Bereits etwa zehn Minuten nach der Einahme beginnt die Wiederauffüllung des Aminosäurebestandes im Körper. Die ersten 100-150ml einer anährend isotonen Flüssigkeit passieren den Magen in der Regel ohne wesentliche Verzögerung. Werden die Aminosäuren nicht als Konzentrat, sondern mit etwa 100ml eines isotonen Sportgetraänkes vermischt zugeführt, kann eine sehr schnelle Verwertbarkeit im Organismus erreicht werden. Dabei ist die Verwendung einer Ampulle mit 5-8 g freien Aminosäuren zunächst ausreichend. Etwa fünf bis zehn Minuten später sollte dann ein zweiter Schub Aminosäuren und Nährstoffe in Form eines eiweiß- und kohlenhydratreichen Getränks zugeführt werden (Eiweißgehalt je nach der vorangegangen Belastung 20-40g). Dadurch wird folgendes erreicht:


Wenn die freien Aminosäuren aus dem ersten (isotonen) Getränk vom Körper aufgenommen worden sind, beginnt die Aminosäurebereitstellung aus dem Eiweiß des zweiten Getränks. Auf diese Weise wird eine gute und gleichmäßige Aminosäurenaufnahme erzielt.


Die Kohlenhydratzufuhr mit dem Eiweßgetränk bremst die "Fehl"- Verwertung der freien Aminosäuren in der Leber, wo bereits die Umwandlung in glucose zur Stabilisierung des Blutzuckerspiegels und die Wiederauffüllung der erschöpften Glykogenspeicher anläuft.

Aminosäurepräparate und kohlenhydrathaltige Eiweißpräparate (z.B. mit 25% Laktalbumin in der trockensubstanz) ergänzen sich daher in idealer Weise. Mit dem Zwei-Stufen-Modell wird die bestmögliche Ausnutzung des Trainingseffektes und die größtmögliche Anabolie ereicht. Darüber hinaus wird die Gefahr eines übertrainings gemindert und der Sportler ist nach der Belastung schneller wieder fit für andere Aufgaben. Die beschleunigte Regeneration hat auch günstige Auswirkungen auf die bei hochbelasteten Sportlern stark erhöhte Infektanfälligkeit.
Es sollte jedoch nicht vergessen werden, daß auch andere ernährungsbedingte Ursachen der Infektanfälligkeit bei Leistungsportlern bedacht werden müssen: Spurenelementmangel (insbesondere Zinkmangel) und Vitaminversorgung. Ohne eine vollwertige, natürliche Sporternährung bleiben alle Regenerationshilfen nur Flickwerk.

Quelle = Leistungssteigerung durch Aminosäuren (Klaus Arndt)