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31.12.2004, 03:11 #1
Ein sportmedizinischer Angriff auf die HIT Fraktion
Grüss Euch,
Wer den TExt NICHT kennen sollte-sehr interessant!:
Mentzer Schmentzer
Teil 1
• Intro
Schon zu Zeiten der goldenen Ära unseres Sportes trafen auf den Stränden von Venice Beach zwei Philosophien aufeinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite das Lager der Volumenanhänger, mit prominenten Vertretern wie Arnold Schwarzenegger, auf der anderen Seite das HIT-Lager, beispielsweise repräsentiert von Mike Mentzer. Der Kampf zwischen der traditionellen Trainingsmethode und dem auf Logik und Philosophie basierenden HITtrainings spaltet die Bodybuildingwelt noch heute in zwei Teile. Im allerersten BBB-Artikel auf zyko.de möchten wir uns die Sache genauer ansehen und mit wissenschaftlich nachvollziehbaren Mitteln jeder einzelnen Behauptung des HIT-Lagers auf den Grund gehen.
Schlecht:
Beim Bodybuilding kommt es nur auf die Intensität an. Je intensiver ein Satz ausgeführt wurde, also je mehr Anstrengung man in den Satz investiert hat, desto stärker ist das durch den Satz entstandene Wachstumssignal. Deswegen sollte man jeden Satz mit maximaler Intensität und bis zum absoluten Muskelversagen durchhalten. Denn nur wenn dem Muskel demonstriert wird, dass er den Ansprüchen seiner Umgebung nicht gerecht wird, dann und nur dann wird er adaptieren. Man muss den Muskel förmlich zum Wachstum zwingen.
Gut:
Das ist wohl mit Abstand der wichtigste (und namensgebende) Grundsatz des HITs. Während die HIT-Community in vielen weiteren Punkten ihrer Trainingsgestaltung divergiert, beispielsweise Kadenzen, Volumen oder Trainingsfrequenz, so sind sich doch alle einig, wenn es um die Intensität geht: Je intensiver, desto besser.
Der Begriff der "Intensität" im HIT'schen Sinne bedeutet nichts weiter als muskuläre Erschöpfung oder Ermüdung. Zum Zeitpunkt des Muskelversagens, oder auch jenseits desselben, wird die "Intensität" als am höchsten empfunden. Tatsächlich ist hier nicht die Intensität der Muskelkontraktion, sondern die subjektiv empfundene Erschöpfung gemeint. Gemäß der HIT-Theorie ist also die Erschöpfung der für die Hypertrophie ausschlaggebende Faktor.
Also, was ist nun der Auslöser für den Hypertrophiestimulus? Ist es die muskuläre Erschöpfung, wie von der HIT-Szene behauptet? Um es gleich vorwegzunehmen: Nein, die Erschöpfung ist nicht der ausschlaggebende Hypertrophiereiz. Die physiologische Anpassung an muskuläre Erschöpfung ist eine gesteigerte Ermüdungsresistenz und nicht etwa eine Vergrößerung des Muskelquerschnittes.
Um das wahre Wachstumssignal ausfindig zu machen, muss man die physiologischen Schaltkreise von der Vergrößerung des Muskelquerschnittes über die beteiligten Entstehungsmechnismen bis hin zum auslösenden Reiz zurückverfolgen. Die Wahrheit ist um einiges komplizierter (und deswegen auch faszinierender) als die HIT'sche Intensitätshypothese. Es gibt sehr viele Bahnen, in denen das Hypertrophiesignal verlaufen kann. Im Folgenden sollen die wichtigsten Erwähnung finden.
• mechanisch-chemische Transduktion
Als letzte Instanz im Prozess des Muskelwachstums findet sich wiedereinmal der Zellkern wieder. Dieser reguliert die Proteinsynthese (siehe den entsprechenden Artikel) und steuert somit die Hypertrophie. Die transkriptionelle Aktivität des Zellkernes wird durch eine Reihe von Transkriptionsfaktoren gelenkt, die wiederum über eine Reihe von Signalwegen gesteuert werden. Diese Signalwege beinhalten immer die Umsetzung eines mechanischen Reizes in ein chemisches Signal. Es wird also Spannung im Muskelgewebe und somit im Endeffekt Muskelkontraktion oder Dehnung als solche erkannt, was in der Ausschüttung von Transkriptionsfaktoren, Wachstumsfaktoren, Zytokinen etc. mündet.
Muskelgewebe besitzt verschiedene Sensoren, die in der Lage sind, mechanische Belastung zu erkennen und in ein chemisches Signal zu übersetzten. So besitzt jede Muskelzelle ein Grundgerüst aus Proteinen, welches die allgemeine Architektur der Zelle bei Belastung aufrecht erhalten soll. Als Reaktion auf das Wirken mechanischer Kräfte interagieren die strukturellen Netzwerke der Zelle mit genetischen und proteinbezogenen Signalwegen, welche ihrerseits die Widerstandsfähigkeit der Muskelzelle gegenüber der mechanischen Belastung erhöhen - und zwar durch Hypertrophie der Strukturen innerhalb der Zelle. An dieser Stelle sei angemerkt: Hypertrophie ist die Antwort des Muskelgewebes auf mechanische Reize, die eine erhöhte Widerstandsfähigkeit nötig machen. HIT'sche Intensität, also Erschöpfung, fällt in eine völlig andere Kategorie von Reizen, die in metabolischen Adaptionen endet.
Ein Beispiel für die chemische Antwort auf mechanische Belastung ist das Protein FAK (Focal Adhesion Kinase), welches sich im Sarkolemm der Muskelzelle befindet und seine Autokinase-Aktivität während starker mechanischer Beanspruchung der Zelle erhöht. Darüberhinaus steigt die Menge der FAKs bei mechanischer Belastung an. Weitere chemische Reaktionen auf mechanische Reize beziehen die Proteine ERK1/2 (Extracellular Signal-Regulated Kinase) und p38 (38-kDa Stress-Activated Protein Kinase) mit ein, deren Antwort abhängig von der Intensität der mechanischen Belastung ist (nicht zu verwechseln mit der HIT'schen "Intensität"). Diese zellulären Botenstoffe kontrollieren die Lokalisation und Aktivität von Transkriptionsfaktoren und somit die Proteinsynthese und letztendlich die Hypertrophie.
Um es noch einmal zusammenzufassen: Mechanische Belastung wird von sensorisch spezialisierten Strukturen der Muskelzelle erkannt und in ein chemisches Signal umgewandelt, welches die Aktivität von diversen Transkriptionsfaktoren reguliert, was sich wiederum auf die transkriptionelle Aktivität der muskelspezifischen/hypertrophiespezifischen Gene auswirkt und somit ein Wachstum der Muskelzelle auslöst.
Das Ausmaß dieser Reaktion ist nicht von der Erschöpfung des Muskels abhängig, sondern viel eher von der Stärke der mechanischen Belastung, welche sich durch Newtons zweites Gesetz quantifizieren lässt: F=m*a. Die mechanische Belastung ist das Produkt aus der Masse, in diesem Fall der Widerstand, also Gewicht der Hantel, und der Beschleunigung dieser Masse. Je schneller man ein Gewicht beschleunigt und je schwerer dieses Gewicht ist, desto stärker ist die mechanische Belastung, die das Wachstum des Muskels bewirkt. Muskuläre Erschöpfung lässt sich auf die Depletion der muskeleigenen Speicherstoffe, wie z.b. Glykogen und Creatinphosphat und auf neurale Inhibition, also auf eine Ermüdung des zentralen Nervensystems zurückführen.
Dieses Wissen über die Natur des Wachstumssignals ist ein bedeutender Schritt in der Entwicklungsgeschichte des Bodybuildings. Im Gegensatz zur nicht greifbaren Intensitätshypothese können wir nun das Signal quantitativ, in Form von Zahlen beschreiben und auf diese Weise erst genau erfassen. Denn erst was man in Zahlen ausdrücken kann, hat man vollständig begriffen, wie schon der viktorianische Wissenschaftler Lord Kelvin wusste: "When you measure what you are speaking about and express it in numbers, you know something about it, but when you cannot express it in numbers your knowledge about is of a meager and unsatisfactory kind." true, true...
Schlecht:
Sobald ein Wachstumsreiz gesetzt wurde, muss man dem Körper die Zeit geben, sich vollständig zu regenerieren. Das dauert mindestens ein paar Tage, manchmal sogar über eine Woche. Es hat sich bewährt, jeden Muskel nur einmal pro Woche zu trainieren. Denn nur wenn der Muskel vollständig regeneriert ist, kann die Superkompensation stattfinden. Wenn man den Muskel hingegen zu häufig trainiert, kann er nicht wachsen und man riskiert, ins Übertraining abzugleiten.
Gut:
Also das ist einfach nur schlecht. Sehen wir uns gleich, ohne lange Umschweife, die Studienlage an:
Zum Thema Trainingsfrequenz gibt es eine Reihe von Arbeiten, die interessantesten davon sind Tierstudien mit chronischer Belastung. Diese Studien verwenden vorzugsweise Vögel, meistens Hühner, denen ein Gewicht (oberhalb von 10% ihres Körpergewichtes) an einen Flügel gehängt wird. Der andere Flügel bleibt unangetastet und dient als Kontrollflügel. Durch die mechanische Belastung (Dehnung gegen einen Widerstand, auch bekannt unter der Bezeichnung Loaded Stretching) wachsen die Muskeln des beladenen Flügels enorm an. Alway und seine Mitarbeiter ermittelten nach 30 Tagen ununterbrochener Belastung eine Zunahme der Masse der betroffenen Muskeln um ganze 172%. Diese Hühner haben ihre Latissimusmasse mehr als verdoppelt, und das ganz ohne Regeneration (zumindest nach HIT'scher Auffassung)! Antonio et al. erreichten mit einem ähnlichen progressiven Stretch Overload Modell mit Wachteln als Versuchstieren nach 16 bzw. 28 Tagen Dauerbelastung eine Zunahme des Muskelquerschnittes um 188% bzw. 294% im Vergleich zum Kontrollflügel. Derartigen Ergebnisse gibt es zuhauf, auch an Rindern, Schweinen, Katzen, Ratten etc.
Was bedeutet das also, was ist hier passiert? Nun, diese Studien zeigen, dass der Muskel dieser Versuchsvögel enorm gewachsen ist, noch während der Stimulus angewandt wurde - also völlig ohne Trainingspausen und ohne Regenerationszeit. Diese Resultate belegen die Wirksamkeit eines chronischen Stimulus. Derartige Tierstudien deuten an, dass es bei der Trainingsfrequenz heißen könnte: Je öfter, desto besser. Beim Menschen ist auf Grund der Gemeinsamkeiten in Anatomie und Physiologie eine ähnliche Responsivität zu erwarten.
An dieser Stelle bleibt nur eine Frage offen: Wie lassen sich diese Resultate mit dem Vorhandensein von Übertrainingserscheinungen vereinen? Das Übertrainingssyndrom mit all seinen Symptomen (wie beispielsweise Leistungsabfall, Motivationsverlust, schnelle Ermüdbarkeit etc.) existiert zweifelsohne, das wissen wir bereits aus der Trainingspraxis. Würde man in der Realität, also außerhalb des Labors, einen derart überschwelligen Reiz anwenden, so kämen mit Sicherheit Übertrainingsphänomene auf. Dies führt uns zum interessantesten Teil des Problems, sogar noch interessanter als Hühner, die ihre Muskelmasse in drei Wochen verdreifachen.
Hollman et al. führen das Vorhandensein von Übertrainingssymptomen in einem Artikel der Zeitschrift für Sportmedizin auf eine Umstrukturierung von Nervenzellen und Verbindungen im Gehirn zurück. Das Gehirn vermag es, sich ständig umzuorganisieren. Es besitzt eine früher für unmöglich gehaltene Plastizität. Eine Reihe von Studien betrachteten die Wirkung des Übertrainings auf die Vorgänge im Gehirn und kamen zu erstaunlichen Ergebnissen: Das Gehirn nimmt die Informationen aus der Körperperipherie wahr und modifiziert entsprechend seine Struktur in den betroffenen Reaktionsarealen. Durch ständige, repetitive Bewegungen, wie z.b. beim Bodybuildingtraining, können die betroffenen Regionen sogar signifikant wachsen. Durch überschwellige Trainingsbelastungen, also durch "Übertraining", werden die optimalen Reorganisationsformen überschritten. Elbert et al. konnten derartige Veränderungen im Gehirn von Berufspianisten identifizieren.
Diese Arbeiten liefern die Grundlage für eine bedeutungsvolle Theorie: Übertraining ist ein neurales Phänomen, es spielt sich also im zentralen Nervensystem ab und nicht im Muskelgewebe. Das Muskelgewebe bleibt vom Übertraining völlig unangetastet und kann optimal weiterwachsen. Um diese Theorie zu untermauern möchte ich auf einige weitere Arbeiten hinweisen:
Eine taiwanesische Studie von Chen et al. untersuchte Indikatoren für Muskelschäden, wie Plasma Creatinkinase, Lactatdehydrogenase, GOT, Interleukin-1beta und IL-6 bei täglich trainierenden Probanden. Die Ergebnisse dieser Studie belegen, dass das untersuchte Muskelgewebe ab der zweiten Trainingseinheit keine Steigerung der strukturellen Schäden aufwies. Das bedeutet im Klartext: Der Muskel regeneriert, während er Trainiert wird. Richtig interpretiert heißt das für uns Sportler: Der Muskel braucht keine Pausen für seine Regeneration, weitere Belastung stört die Regeneration des Gewebes nicht.
Studien, die absichtlich ein Übertraining erzeugen, belegen, dass obwohl das willkürliche Kraftpotential bei Übertrainingssymptomen sinkt, das unwillkürliche Kraftpotential erhalten bleibt. Ein übertrainierter Muskel wird durch Elektroden zur Kontraktion gebracht. Dabei kontrahiert er mit maximaler Intensität, obwohl die willkürliche Aktivierung eine maximale Kontraktion nicht mehr zulässt. Durch die Stimulation mit Elektroden wurde hier das übertrainierte Nervensystem umgangen. Dies beweist ein weiteres mal: Der Muskel ist nicht vom Übertraining betroffen, sondern einzig und allein das Nervensystem.
Nun gut, wie wir sehen, kann das Muskelgewebe offenbar sehr viel häufigeres Training ertragen, als Mike M. und co uns weismachen wollen. Aber bringt häufigeres Training wirklich mehr als das gute, alte "einmal die Woche" Training? Dazu sehen wir uns, mal abgesehen von den überwältigenden Ergebnissen der oben angeführten Tierversuche, eine Arbeit an, die repräsentativ für die Studienlage ist: An der University of Alabama führten zwei Gruppen von Probanden denselben Trainingsplan entweder einmal oder dreimal pro Woche durch. Das Muskelwachstum der 3x/Woche-Gruppe war dem Wachstum der 1x/Woche-Gruppe weit überlegen, ebenfalls stieg die Kraft der 3x/Woche-Gruppe um 40% mehr an als die der 1x/Woche-Gruppe.
Fügen wir das alles nun zusammen: Übertraining ist eine Erscheinung, die auf das zentrale Nervensystem beschränkt ist und nichts mit dem Muskelgewebe zu tun hat. Übertraining tritt nicht so einfach auf, wie die HIT-Gurus uns glauben machen wollen. Ein Vielfaches der HIT-Empfehlungen an Trainingsvolumen und -Frequenz ist weitaus effektiver und bedeutet noch lange nicht das Auftreten von Übertrainingssymptomen. Der Muskel wächst auch trotz erneuter Belastung vor Beendigung seiner Regenerationsphase. Es ist weder nötig, noch wünschenswert, den Muskel vor einer erneuten Belastung vollständig regenerieren zu lassen.
Also schön, damit wäre auch der Mythos der niedrigen Trainingsfrequenz beseitigt. Mancher HITer mag nun einwenden, dass die niedrige Frequenz sinnvoll zur Zeitersparnis für geschäftige Menschen sei. Nun, das mag stimmen, Bodybuilding lässt sich allerdings nicht mit Zeitersparnis vereinen. Der Erfolg im Bodybuilding hängt zum größten Teil von Disziplin, Hingabe, Trainingseifer, Einsatz und Beständigkeit ab. Wie kommt man dazu, anzunehmen, man könne mit einer, zwei oder drei Stunden Training die Woche erfolgreich im Bodybuilding werden? Wer ein guter Musiker werden möchte, muss mehr als drei Stunden pro Woche an seinem Instrument üben. Will man ein guter Zeichner werden, so muss man möglichst viel zeichnen, nicht nur drei Einheiten die Woche, auch wenn man den Stift noch so stark aufs Papier drückt. Dasselbe lässt sich auch auf das Bodybuilding anwenden, auch wenn die Fauleren unter uns etwas völlig anderes annehmen möchten. Denn es ist genau so, wie schon Friedrich II. von Preußen sagte: "Fleiß ist aller Tugenden Anfang." Ab ins Training!
• Literaturverweise
Alway, Gonyea et al. Regionalized adaptations and muscle fiber proliferation in stretch-induced enlargement. J. Appl. Physiol. 66(2): 771-781, 1989.
Antonio J, Gonyea WJ. Muscle fiber splitting in stretch-enlarged avian muscle. Med Sci Sports Exerc. 1994 Aug;26(:973-7.
Chen TC, Hsieh SS. Effects of a 7-day eccentric training period on muscle damage and inflammation. Medicine and Science Sports & Exercise 2001 Oct;33(10):1732-8
McLester JR, Bishop P, Guilliams M. Comparison of 1 and 3 day per week of equal volume resistance training in experienced subjects. Med. Sci. Sports Exrc. 31(5 Supp) pp.S117 1999
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31.12.2004, 10:28 #2
was möchtest du uns damit sagen?
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31.12.2004, 11:56 #3
Nix spezielles-fand es lediglich einen interessanten Text und erachte ihn als lesenswert
Der Große MB-Umwelt-und-Klimaaward...
23.12.2024, 20:28 in Fun