Sixpack
19.06.2004, 23:12
Hier ein recht lustiger Artikel über Verletzungen und "Liebeskummer" im Kraftsport.
(von Eberhard Schneider)
Liebeskummer lohnt sich nicht
„ Those were the times, my friend, we thought they´d never end…” Ja, das waren goldene Zeiten, als wir Kniebeugen und Bankdrücken mit Gewichten durchführten, unter denen sich die Olympiastange bog; als wir unsere aufgeblasenen Arme wie unabsichtlich aus den kurzen Hemdsärmel streckten und freudig erregt registrierten, wenn zufällige Betrachter ihre Augen wie Schneckenhörnchen ausfuhren; als wir mit Genugtuung feststellten, dass wir Jackets von der Stange höchstens als Kragenstäbchen tragen konnten, und dem verwirrt mit den Wimpern flatternden Boutique-Verkäufer den letzten Rest seiner Fassung mit der genüsslich-perversen Bemerkung raubten: „Früher hatte ich viel mehr drauf; aber ich war lange Zeit Krank und bin recht schmal geworden, finden Sie nicht?“
Ach ja, die Klopperei mit den Rockern in der Straßenbahn: Die wollten zur Abwechslung jemanden zusammenhauen und ahnten nicht, was sie erwartete. Haben wir denen den Tag versaut! Und wie der eine über die Sitzbänke flog, war direkt filmreif. Das waren Zeiten, als ein Milchmix so viel Eiweiß enthielt, dass der Löffel senkrecht darin stehen blieb, und in unseren Adern kein blut, sondern Weizenkeimöl pulsierte; als wir nach dem Training beim Duschen unseren Hals nicht einseifen konnten, weil der geschwollene Bizeps im Weg war. Dann der erste Tiefschlag: Beim Kumpel ein Delta im Eimer, bei mir das Gewebe unterm Schulterblatt. Verdammter Mist!!! Aber wir waren ja nicht auf den Kopf gefallen und wussten: Wir brauchten nur andere Übungen mit Zukunftsperspektive, schon waren wir wieder im Geschäft und konnten die Muskeln erneut auf Kraft und Masse quälen. Der Freund trainierte einarmiges Stehend-Drücken, bis sein gesunder Delta die Dimension einer Melone annahm und der Trapez wie eine Geschwulst unter dem Hemdkragen hervorquoll; sah putzig aus und bereitete kindisches Vergnügen. Ich knallte meine Arme, bis meine Frau sauer wurde, weil ich neue Hemden brauchte und sie sie alle taillieren sollte.
Dann der zweite Knacks: Bei Mr. Deltoidus Magnus Beschwerden im Rücken, bei Trizepus Pumpus schmerzende Trizepssehnen...
Lieber Leser, solltest Du dich in Teilen dieser Schilderung Wiedererkennen, wirst Du vielleicht verstehen, was dies alles mit Liebeskummer zu tun hat: Vielleicht sind auch Dir Deine Hanteln ans Herz gewachsen, weil Du mit ihnen und durch sie eine Menge netten Spinnkram erleben konntest – Du hast, wenn auch auf eine leicht verrückte Art und weise, wirklich intensiv gelebt! Nun liegen Deine Gespielinnen in der Ecke und sehen leicht abgegriffen aus, Du bist ebenfalls etwas älter geworden, manchmal knirscht und knackst es irgendwo ein bisschen, aber Deine alte Liebe kannst Du nicht so leicht vergessen.
Mitunter fühlst Du beim Anblick der mattglänzenden Scheiben und chromschimmernden Stangen die vertraute Spannung im Körper aufsteigen, den nostalgischen Lockruf alter Leidenschaft. Der Hacken ist: jedes Mal, wenn Du an die alten Leistungen heranzukommen versuchst, musst Du nach einiger Zeit zurückstecken; die Muskel mögen noch, Sehnen und Gelenke wollen nicht mehr so gern. Deine Liebe bleibt unerfüllt (Schnüff!).
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(von Eberhard Schneider)
Liebeskummer lohnt sich nicht
„ Those were the times, my friend, we thought they´d never end…” Ja, das waren goldene Zeiten, als wir Kniebeugen und Bankdrücken mit Gewichten durchführten, unter denen sich die Olympiastange bog; als wir unsere aufgeblasenen Arme wie unabsichtlich aus den kurzen Hemdsärmel streckten und freudig erregt registrierten, wenn zufällige Betrachter ihre Augen wie Schneckenhörnchen ausfuhren; als wir mit Genugtuung feststellten, dass wir Jackets von der Stange höchstens als Kragenstäbchen tragen konnten, und dem verwirrt mit den Wimpern flatternden Boutique-Verkäufer den letzten Rest seiner Fassung mit der genüsslich-perversen Bemerkung raubten: „Früher hatte ich viel mehr drauf; aber ich war lange Zeit Krank und bin recht schmal geworden, finden Sie nicht?“
Ach ja, die Klopperei mit den Rockern in der Straßenbahn: Die wollten zur Abwechslung jemanden zusammenhauen und ahnten nicht, was sie erwartete. Haben wir denen den Tag versaut! Und wie der eine über die Sitzbänke flog, war direkt filmreif. Das waren Zeiten, als ein Milchmix so viel Eiweiß enthielt, dass der Löffel senkrecht darin stehen blieb, und in unseren Adern kein blut, sondern Weizenkeimöl pulsierte; als wir nach dem Training beim Duschen unseren Hals nicht einseifen konnten, weil der geschwollene Bizeps im Weg war. Dann der erste Tiefschlag: Beim Kumpel ein Delta im Eimer, bei mir das Gewebe unterm Schulterblatt. Verdammter Mist!!! Aber wir waren ja nicht auf den Kopf gefallen und wussten: Wir brauchten nur andere Übungen mit Zukunftsperspektive, schon waren wir wieder im Geschäft und konnten die Muskeln erneut auf Kraft und Masse quälen. Der Freund trainierte einarmiges Stehend-Drücken, bis sein gesunder Delta die Dimension einer Melone annahm und der Trapez wie eine Geschwulst unter dem Hemdkragen hervorquoll; sah putzig aus und bereitete kindisches Vergnügen. Ich knallte meine Arme, bis meine Frau sauer wurde, weil ich neue Hemden brauchte und sie sie alle taillieren sollte.
Dann der zweite Knacks: Bei Mr. Deltoidus Magnus Beschwerden im Rücken, bei Trizepus Pumpus schmerzende Trizepssehnen...
Lieber Leser, solltest Du dich in Teilen dieser Schilderung Wiedererkennen, wirst Du vielleicht verstehen, was dies alles mit Liebeskummer zu tun hat: Vielleicht sind auch Dir Deine Hanteln ans Herz gewachsen, weil Du mit ihnen und durch sie eine Menge netten Spinnkram erleben konntest – Du hast, wenn auch auf eine leicht verrückte Art und weise, wirklich intensiv gelebt! Nun liegen Deine Gespielinnen in der Ecke und sehen leicht abgegriffen aus, Du bist ebenfalls etwas älter geworden, manchmal knirscht und knackst es irgendwo ein bisschen, aber Deine alte Liebe kannst Du nicht so leicht vergessen.
Mitunter fühlst Du beim Anblick der mattglänzenden Scheiben und chromschimmernden Stangen die vertraute Spannung im Körper aufsteigen, den nostalgischen Lockruf alter Leidenschaft. Der Hacken ist: jedes Mal, wenn Du an die alten Leistungen heranzukommen versuchst, musst Du nach einiger Zeit zurückstecken; die Muskel mögen noch, Sehnen und Gelenke wollen nicht mehr so gern. Deine Liebe bleibt unerfüllt (Schnüff!).
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