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Ronny Kohlmann
18.02.2011, 23:45
Um den Vollkornfred nicht mit vollzusiffen mache ich mal hier weiter.



Versteh mich nicht falsch Ronny - das was du sagst ist alles richtig und gut, aber das Problem beim Menschen ist nunmal, dass er von der herkömmlichen Tierwelt nahezu entfremdet ist. Das beginnt schon bei der Aufzucht, wo beim Menschen der Nachwuchs über mehr als ein Jahrzehnt "gehegt und gepflegt" werden muss, bis er irgendwann in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen. Die "Inkubationszeit" der Reife ist von einer völlig anderen Güte PLUS lebt der Mensch - so er sich nicht unbedingt in einem One-On-One Kampf mit dem Mammut oder Löwen anlegt, vergleichsweise lange.

Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, wo du ein Problem ausmachst. :ratlos:

edit: ah ich verstehe glaube ich doch und kann dir nicht zustimmen. Wir sind ebenso einem Selektionsdruck unterlegen wie alle anderen Lebewesen auch.
Wir leben lange verglichen mit was? Bäume? Nein. Pilze? Nicht unbedingt. Bartwale? Auch nicht. Kaltwasserschwämme? Garantiert nicht.

Ich glaube du meinst, dass wir uns gegenseitig länger am Leben erhalten, als Tiere, bei denen es selten Greisenalter gibt. das stimmt, aber auch das ist dem Selektionsdruck verschuldet (Überlebenstaktik kulturelle Weitergabe, siehe unten). Würden wir unsere Kinder nicht erziehen und von dem Wissen der Alten profitieren (und diese dafür am Leben halten), hätten wir bis heute nicht überlebt, weil die Kultur uns so flexibler macht, als dass wir uns ausschließlich auf träge Instinkte verlassen.





Die damaligen, noch nicht im Cro-Magnon Zeitalter lebenden "Menschenaffen" waren keine Aasefresser. Sie waren Allesfresser, Omnivoren, d.h. man hat sich das einverleibt, was gerade da war und gerade durch diese hohe Anpassungsfähigkeit, konnte sich der homo hiereaus so weit entwickeln.

Klar, man ist sich heute weitestgehend darüber einig, dass der hohe Proteinanteil durch Aas (und später dann selbst erlegtes Fleisch, inkl. der Zubereitung durch die Entdeckung des Feuers) zur Entwicklung unseres Gehirns erheblich beigetragen hat, dennoch ist es ein vergleichsweise geringer Zeitraum in dem evolutorisch noch nicht so viel passiert. Da kannst du den Menschen auch nicht mit Grottenolmen oder weiß der Geier was vergleichen.

Allesfresser zu sein impliziert auch Aas zu fressen (weils gerade da war), wo ich wieder den Bogen zum Verdauungssystem schlage, welches sich seit Lucy (deutlich vor Cro Magnon!!!!) verändert hat. Du könntest nicht mit ihr durch die Savanne ziehen und die Reste aus dem Gnu kratzen, was der Löwe übrig gelassen hat, ohne zu zuzubereiten.

Dass in dem zweifellos geringen Zeitraum nicht viel passiert ist, sehe ich völlig anders.
Ab dem ausfrechten Gang als Standard-Fortbewegungsmethode fand eine Trendwende statt: die Hände wurden frei, unsere Art der Fortbewegung wurde unglaublich Kaloriensparend (wir sind die beste "Geher" im Tierreich!), durch die gewonnene Höhe hatten wir plötzlich den Überblick in der Savanne, wir wurden extrem erfolgreiche Aassucher (ab Lucy: man vermutet dank unseren extrem guten Augen, der effektiven Fortbewegungsart und dem Verstand waren wir mit die erstem am Kadaver, weil wir uns genialerweise an den Geiern orientieren.) und dank plötzlich rasant steigendem Proteinanteil hatten wir den Luxus unser Gehirn auszubauen und an unserer Kultur zu feilen, was uns bis heute DEN Überlebensvorteil bringt.
Ich rede hier von Australopitecus Afensis, das ist evolutionstechnisch nicht lange her und wir haben uns meiner Auffassung mehr in dieser Zeit MASSIV von den Menschenaffen abgegrenzt, obwohl Paviane, Schimpansen und Co auch gerne mal Fleisch essen und sogar jagen.

Den Menschen kann ich mit allen Lebewesen vergleichen, weil die Prinzipien die gleichen sind. "Evolutorisch nicht viel passiert" ist einer derart schwammige Aussage, dass sie bedeutungslos wird, in Anbetracht dessen, dass die Mutation eines einzelnen Gens weitreichende Änderungen mit sich bringen kann, die absolut zukunftsweisend für ein Lebewesen ist.





Ich habe mich ebenfalls mit der Thematik der Mutationen auseinandergesetzt. In diesem Zusammenhang - da du interessiert scheinst - kann ich dir "Tanz der Gene" (Links und Bilder sind den registrierten Mitgliedern des Muskelbody Bodybuilding Forums vorbehalten. empfehlen. Super Buch zu dem Thema, welches sich mit auftretenden Mutationen beim Menschen im Laufe der Geschichte beschäftigt.

Danke für den Buchtipp, ich checke mal die Amazon-Bewertungen und die Inhaltsbeschreibung!


Das der Selektionsdruch in vielfacher Ausführung dazu beigetragen hat, dass benachteiligte Genkombinationen mit der Zeit verschwanden oder ins Hintertreffen geraten, ist richtig, aber Mutter Natur ist stets darüber bestrebt, eine möglichst große Vielfalt hervorzubringen, einfach aus dem Grund, weil die "Fähigkeiten" und Eigenschaften irgendwann wieder akut werden könnten.

Das ist falsch, Evolution oder "Mutter Natur" ist völlig absichtslos! Sie plant nicht!
Dawkins thematisiert diesen Irrglauben im Buch "das egoistische Gen". Der Titel des Buches ist übrigens zutiefst ironisch.



Demnach schlummern gewisse Genmutationen immernoch im menschlichen Code.

Aber nicht um jederzeit abrufbar zu sein, sondern weil ihre Existenz nicht ausreicht um ihren Träger einen so schwerwiegenden Nachteil beschert, der ihn und somit die Tendenz zur Mutation auslöscht.


Sowas ist schwer pauschal auszudrücken, genauso wie man EIGENTLICH nicht sagen kann, dass ein hoher Cholesterinspiegel per se schlecht ist. Es gibt Lebensumstände, in denen Menschen mit hohem Cholesterin eindeutige Überlebensvorteile ggü. Menschen mit niedrigem Spiegel hätten und das ist der Trumpf der Evolution PLUS ist der Selektionsdruck in der westlichen Gesellschaft dank Industrialisierung und Nahrungsmittelüberschuss bei weitem nicht mehr so hoch wie in der Prähistorik.

Ich kann ehrlich gesagt nicht folgen.

Dass der Selektionsdruck nicht mehr so hoch ist, sehe ich anders. Ich glaube du siehst die Selektion zu strafend. Bestimmte Eigenschaften des Menschen verschwinden nicht nur, weil sie dem Menschen Nachteile bringen, es reicht wenn sie keine Vorteile bringen.
Lucys Betonmagen war einfach nicht mehr notwendig und die Neigung, meinetwegen eine starke Magensäure zu entwickeln, wurde dank Nahrungszubereitung einfach nicht mehr belohnt.
Lucy hätte nicht überlebt, wenn sie das Aas nicht vertragen hätte (auf das sie spezialisiert war!!!). Ab dem Zeitpunkt der Kulturellen Evolution wurde der Mensch immer weniger zu Aasfresser, sondern zum aktiven Jäger, der seine Nahrung zubereitet bis schließlich hin zu Bauern, der selbstverständlich ebenfalls Nahrung zubereitet. Gesammelt haben wir immer.




Die "Alten" und "Schwachen" werden auch nicht eingesumpft oder zurückgelassen - und das auch nicht unbedingt seid gestern. http://icons.iconarchive.com/icons/rokey/the-blacy/32/nothing-icon.png

Die "Alten" haben ihre Gene bereits weitergegeben. Es ist egal ob du 50 oder 100 wirst, wenn du in beiden Fällen 3 Kinder gezeugt hast. Die Gene hast du gleich oft weiter gegeben.
Wichtiger in diesem Zusammenhang ist die Kulturelle Bedeutung: die Alten geben Wissen weiter. Es lohnt sich also plötzlich für Opa das essen vorzukauen, statt ihn einfach verhungern zu lassen, sobald ihm die Zähne ausfallen.

Das z.B. Behinderte ihrem Schicksal überlassen werden, ist noch immer weit verbreitet. Das Gutmenschentum der modernen westlichen Welt ist ziemlich neu. Als mein Vater noch Kind war, wurden in der landwirtschaftlich geprägten Umwelt tatsächlich noch behinderte Kinder getötet, da Nutzlose Esser. Das wurde natürlich heimlich praktiziert, aber es ist einfach nicht so, dass die Kranken und Schwachen sich ähnlich oft fortpflanzen können, wie gesunde Exemplare.
Wir sind dem Tierreich gar nicht so fern, wie wir es uns wünschen.


Der Ackerbau ist noch nicht so alt, als dass er so starke Auswirkungen auf den menschlichen Verdauungsapparat ausübt.

Das ist eine Behauptung von dir.
Ich habe oben Gegenbeispiele genannt und bin fest davon überzeugt, dass du falsch liegst. Evolution geschieht mit jeder neuen Generation. weitreichende und offensichtliche evolutionäre Errungenschaften, wie z.B. die Lactosetoleranz, sind ganz offensichtlich in kurzer Zeit geschehen. Nutztierhaltung geht Hand in Hand mit der Entwicklung einer Lactosetoleranz. Beides ist in etwas gleich jung.


Damals hat aber auch keiner wegen ein paar Bauchschmerzen so "rumgeheult" wie es heutzutage der Fall ist, wo man wegen jedem Wehwehchen zum Arzt rennt und sich die Medikamente wie Smarties einwirft (noch dazu weiß keiner, wie die Langzeitfolgen bestimmter Präparate tatsächlich sind).

Es geht nicht um Bauchschmerzen, sondern um handfeste evolutionäre Vorteile.
Wenn einige Individuen Mahlzeiten vertragen, bei denen andere Individuen ihrer Gattung Durchfall bekommen, haben diese Individuen langfristig gesehen höhere Überlebenschancen und geben ihre Genetische Neigung weiter, meinetwegen Lactose auch dann noch zu vertragen, wenn sie genetisch, am Ende des Kindesalters, eigentlich als Nahrungsmittel nicht mehr vorgesehen ist.

Ronny Kohlmann
18.02.2011, 23:45
Die Sache mit der Laktoseintoleranz ist dahingehend hinfällig, als das der Mensch die Muttermilch im Säuglingsalter gut verträgt. Milch ist im Grunde aber ein Nahrungsmittel, welches nicht dafür gedacht ist, einen ganzen Lebenszyklus hindurch konsumiert zu werden - erstrecht nicht die Milch fremder Spezies. Ein Grund, warum die meisten Menschen eben diese Laktoseintoleranz im Laufe ihres Lebens erwerben. Aber die Verträglichkeit von Milch ist jetzt auch nicht unbedingt eine Sache des Überlebens. http://icons.iconarchive.com/icons/rokey/the-blacy/32/secret-smile-icon.png



Das ist wieder falsch.
In bestimmten Gegenden der Erde, vor allem in denen sich Landwirtschaft etabliert hat, sind Milchprodukte ein Grundnahrungsmittel.
In westlichen Ländern lernten die Menschen plötzlich im Sommer Heuvorräte anzulegen, ihr Vieh davon zu ernähren und im Winter quasi aus Gras Milch zu machen. Milchvieh brachte die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes über den Winter, der Selektionsdruck war also unglaublich Groß, Vieh der Grundstein des Überlebens. Tiere wurden nur geschlachtet wenn sie Krank oder nicht mehr Produktiv waren, oder in Zeiten großen Überflusses.

Ganze Völker ernähren sich heute vor allem von Milch. Egal ob asiatische Steppenvölker (gruß an die Nachfahren der Mongolen), die Vorfahren unserer westlichen Agrarkultur (es ist KEIN Zufall, dass wir Milch i.d.R. gut vertragen!), oder afrikanische Hirtenvölker, die sich aufgrund ihres extrem kargen Lebensraumes noch immer ausschließlich (!) von Milch und dem Blut ihrer Tiere ernähren.

Lucy hatte garantiert nach ihrer Kindesphase eine Lactoseintoleranz, weil sie nach dem Kindesalter einfach keine Milch mehr bekam (sondern feste Nahrung) und es von der Evolution einfach nicht belohnt wurde, Milch nach dem Kindesalter zu vertragen.
Brücke zu blinden Höhlenfisch: es gibt mehr Arten, Lactose NICHT verarbeiten zu können, als sie zu vertragen.

Offensichtlich haben heute einige Völker die Toleranz aufgebaut, weil sie in der Vergangenheit Vorteile brachte oder sogar unentbehrlich wurde.
Andere Völker nicht, Tiermilch war nie grundlegender Bestand ihrer Ernährung. Sei es, weil sie die Kunst der Viehhaltung nie erlernten, die Klimatischen oder geografischen Bedingungen keine Viehzucht erlaubten oder die Nahrungsvielfalt so groß war, dass die Neigung Lactose zu vertragen einfach nicht honoriert und entsprechend kein Selektionskriterium war.


Eigentlich könnten wir uns hier gleich ein großes Battle liefern - das Potenzial hätten wir sicher, aber ich denke, dass wir da schon recht festgefahrene Meinungen zu dem Thema haben [

Stimmt, mit dem Unterschied dass ich Recht habe, du nicht. :devil-smiley:

Aber jetzt mal im Ernst: grundsätzlich bin ich gegen solche Diskussionen in einem Internetforum. Ich habe kein Interesse daran, eine anonyme Person zu überzeugen und meistens führen solche Diskussionen ja eh zu nix. Ich habe mich hinreissen lassen, weil meine Gesprächspartner aus Fleisch und Blut nicht verfügbar waren und begeistert bin, dass ich nicht der einzige bin, der sich hier für dieses Thema brennend interessiert.

IMG]http://icons.iconarchive.com/icons/rokey/the-blacy/32/girl-icon.png[/IMG] Ich lasse mich aber gerne überzeugen.

Vllt. habe ich es mit meinem neuen Beitrag geschafft, falls nicht akzeptiere ich das. Einen Neuen Beitrag schreibe ich nicht mehr, weil es ja schon recht lange dauert und ja eigentlich vertane Zeit ist.



Ach und nur fürs Protokoll: ich habe auch schon mehr als einmal rohes Fleisch gegessen, so abartig es auch klingen mag. Leben tue ich immernoch.

Du hast extrem frisches rohes Fleisch von gesunden Tieren aus einer einwandfreien Keimfreien Verarbeitung genossen. du hast trotzdem einen Weicheimagen, den du niemals mit unseren Vorfahren gleichsetzen kannst. (dass erhitztes Fleisch trotzdem vom Organismus effektiver verwertet würde, weißt du selber)
Eine solche Mahlzeit war für Lucy nicht verfügbar.

Ein Altersschwaches Zebra, dass der Leopard gerissen, zwei Tage im Baum gehangen und von Geiern und Insekten angeknabbert wurde, würdest du auch nicht essen.
Und das aus gutem Grund.


Ich bin hier raus, vllt. will hier noch jmd. weiter diskutieren und die werten Modkollegen können die Offtopicbeiträge aus dem Vollkornfred hier rüber verschieben.

Ciao

Ronny Kohlmann
18.02.2011, 23:49
Ach so, bevor jetzt Missverständnisse aufkommen:

Mit Lucy ist nicht mein werter Gesprächspartner gemeint. Lucy ist das Skelett eines Australopithecusweibchens, das ist die Gattung, welche die Affen mit der Gattung Homo verbindet und unser Aller Urahn ist! Lucy nehme ich hier einfach als Synonym für einen X-Beliebigen Vertreter der Gattung Australopithecus Afensis.

Durch Mutation wurde aus Lucy Lucifer! :shock:

http://www.columbia.edu/itc/anthropology/v1007/2002projects/web/australopithecus/afarensis.jpg