spammer69
01.06.2010, 21:41
Ich bin jetzt schon ein paarmal zum Thema "richtiges Atmen" gefragt worden, da will ich mein gesamtes Wissen diesbezüglich zusammenfassen und allen zugänglich machen. Passt ja auch sehr gut zum Thema KDK/GH/SM. Wem noch zusätzliche Informationen vorliegen, soll gerne seinen Senf dazu abgeben.
Bevor ihr weiter lest, solltet ihr euch zunächst mal diesen Text (http://www.muskelbody.info/forum/online-archiv/43205-koerperspannung-oft-unterschaetzt-sehr-wichtig.html) von Patta90 durchlesen, in dem es allgemein um die Bedeutung der Körperspannung geht.
Fertig? Gut...
Wahrscheinlich macht jeder mal die Erfahrung, dass es mit zunehmendem Arbeitsgewicht immer schwieriger wird, alleine durch das Anspannen der Muskulatur die erforderliche Körperspannung aufzubauen. Bei Gewichten nahe dem 1RM und längeren Sätzen sind die Hilfsmuskeln zu schwach oder ermüden zu schnell. Die Folge: Die Übungsausführung lässt nach. Die so genannte Pressatmung kann dabei von großer Hilfe sein. Die meisten Trainer in den normalen Fitnessstudios raten allerdings kategorisch davon ab, während in KDK- und Gewichtheberkreisen fast ausschließlich damit trainiert wird. Wem soll man nun glauben? Wie so oft im Leben haben beide Seiten irgendwo Recht.
Was ist die Pressatmung?
Zuerst ein paar Grundlagen. Die Pressatmung ist ein Vorgang, bei dem man seine Lungen gut mit Luft füllt und so tut, als wollte man ausatmen, das Ausatmen jedoch durch Verschließen der Atemwege bewusst verhindert. Ein sehr ähnlicher Vorgang ist das so genannte Valsalva-Manöver, das dem einen oder anderen bekannt sein dürfte: Man hält sich Nase und Mund zu und versucht, gegen diesen Widerstand auszuatmen. Über den Umweg der Eustachi-Röhre kann die Luft trotzdem entweichen und es kommt zu dem unangenehmen Gefühl des "Drucks auf den Ohren".
Bei der Pressatmung im Kraftsport verhindert man das Ausatmen nicht durch Zuhalten von Mund und Nase, sondern durch das Verschließen der Stimmritze. Klingt kompliziert, aber ich bin mir sicher, dass jeder das Prinzip schonmal angewandt hat, wenn er etwas Schweres heben wollte. Als Kind, bevor uns die Trainer im Studio erklärten, uns würden davon die Augen aus dem Kopf springen, haben wir das alle gemacht. Warum wir das unbewusst tun, weiß wohl niemand richtig. Bei Untersuchungen hat man allerdings den so genannten pneumo-muskulären Effekt festgestellt: Je nach Zustand der Atmung lassen sich die Muskeln unterschiedlich stark reizen. Demnach ist man beim Ausatmen stärker als beim Einatmen und beim Luftanhalten wiederum stärker als beim Ausatmen, und das wissen wir anscheinend intuitiv.
Ein anderer positiver Effekt ist der Druckanstieg im Bauchraum und in den Muskeln, der uns dabei hilft, die untere Wirbelsäule zu stabilisieren und eine unbedenkliche Haltung einzunehmen. Vielen fällt es bei angehaltenem Atem außerdem leichter, den Schultergürtel zu fixieren, was für zusätzliche Stabilität sorgt.
Diese Dinge (zusätzliche Kraft, geschützte Wirbelsäule, stabiler Schultergürtel) führen dazu, dass wir mehr Gewicht bewältigen können, ohne dass die Ausführung nachlässt.
Der beschriebene Druckanstieg hat allerdings auch eine Kehrseite. Während der durchschnittliche Druck im Brustkorb normalerweise leicht unter dem Atmosphärendruck ist, liegt er beim Anwenden der Pressatmung deutlich darüber. Dadurch werden die Hohlvenen, die das Blut zum Herz transportieren, zusammengedrückt. Es gelangt weniger Blut ins Herz, das Volumen der Herzkammern nimmt ab. Eine typische Folge ist, dass das Gehirn mit weniger Sauerstoff versorgt wird und man sogar bewusstlos werden kann. Um das zu kompensieren, erhöht der Organismus den Puls.
Der hohe intramuskuläre Druck wirkt sich wiederum auf den Blutdruck aus. Bei Versuchen mit Testpersonen hat man kurzzeitige Spitzen von 480 zu 350 (normal ist z.B. 120 zu 80) gemessen. Als Folge davon können Blutgefäße platzen, im ungünstigsten Fall trifft es wieder das gute alte Gehirn.
Nach dem Training erreicht der Körper allerdings innerhalb einiger Minuten wieder den Normalzustand.
Wann soll man die Pressatmung anwenden?
An diesen Ausführungen merkt man bereits, dass die Pressatmung zurecht umstritten ist. Ob und wann man sie anwendet, sollte daher jeder selbst entscheiden. Dabei sollte man sich die Frage stellen, was einem wichtiger ist:
- möglicherweise weniger Kraft und ein höheres Risiko einer Rückenverletzung
- möglicherweise mehr Kraft und ein höheres Risiko eines "Hirnschlags"
Wie wendet man die Pressatmung an?
Wenn man sich für Letzteres entschieden hat, sollte man folgende Dinge beachten.
- Das cardiovaskuläre System lässt sich trainieren. Wenn man bereits bei niedrigen Gewichten damit beginnt, die Pressatmung anzuwenden, haben die Venen und das Herz Gelegenheit, sich an den höheren Druck unter nach und nach zunehmender Belastung anzupassen. Die unerwünschten Effekte können so kompensiert werden. Wer dagegen Jahre lang in der positiven Phase ausgeatmet hat und dann bei sehr hohen Gewichten plötzlich zur Pressatmung wechselt, läuft eher Gefahr, das System zu überlasten. Auch hier gilt also: Langsam anfangen.
- Anfänger sollten die Pressatmung nur bei den jeweils letzten Wiederholungen eines Satzes anwenden. Vorher sollte der Muskelapparat auch so in der Lage sein, das Arbeitsgewicht mit einer guten Ausführung zu bewältigen.
- Die Lunge wird nie vollständig gefüllt. Wie tief man einatmet, muss jeder für sich herausfinden. Ist es bei mir zu wenig, leidet die Körperspannung und damit die Ausführung. Ist es zu viel, bekomme ich Kopfschmerzen und rote Augen. Achtet auf solche Dinge.
- Die Pressatmung wird nur kurzzeitig angewendet, sprich: Man atmet unmittelbar vor der Wiederholung ein, baut Druck auf, macht die Wiederholung und atmet danach normal weiter. Ich habe eine Zeit lang damit experimentiert, beim Bankdrücken komplette 5er-Sätze mit einem einzigen Atemvorgang zu absolvieren. Im Hinblick auf die Ausführung hatte es zwar den erwünschten Effekt, negative Nebenwirkungen waren aber Schwindel und zwischenzeitlich verschwommene Sicht. Man stelle sich mal vor, was schlimmstenfalls passieren kann, wenn das Gehirn beim Bankdrücken zu wenig Sauerstoff bekommt und man bewusstlos wird. Ich rate daher ausdrücklich davon ab.
Variationen
Fast jeder Athlet hat seine eigene bevorzugte Version der Pressatmung, daher seid ihr herzlich eingeladen, hier eure Vorlieben und Erfahrungen mitzuteilen. Eine Variante, die ich öfter sehe, ist, wenn man zwar den Druck zwar wie oben beschrieben aufbaut, in der positiven Phase der Bewegung allerdings zulässt, dass eine geringe Menge Luft entweichen kann. Das kann sich mitunter anhören (und anfühlen) wie eine kaputte Dampflokomotive, gilt aber als die etwas unbedenklichere Version. Wer damit zurecht kommt, kann das gerne so machen.
Bevor ihr weiter lest, solltet ihr euch zunächst mal diesen Text (http://www.muskelbody.info/forum/online-archiv/43205-koerperspannung-oft-unterschaetzt-sehr-wichtig.html) von Patta90 durchlesen, in dem es allgemein um die Bedeutung der Körperspannung geht.
Fertig? Gut...
Wahrscheinlich macht jeder mal die Erfahrung, dass es mit zunehmendem Arbeitsgewicht immer schwieriger wird, alleine durch das Anspannen der Muskulatur die erforderliche Körperspannung aufzubauen. Bei Gewichten nahe dem 1RM und längeren Sätzen sind die Hilfsmuskeln zu schwach oder ermüden zu schnell. Die Folge: Die Übungsausführung lässt nach. Die so genannte Pressatmung kann dabei von großer Hilfe sein. Die meisten Trainer in den normalen Fitnessstudios raten allerdings kategorisch davon ab, während in KDK- und Gewichtheberkreisen fast ausschließlich damit trainiert wird. Wem soll man nun glauben? Wie so oft im Leben haben beide Seiten irgendwo Recht.
Was ist die Pressatmung?
Zuerst ein paar Grundlagen. Die Pressatmung ist ein Vorgang, bei dem man seine Lungen gut mit Luft füllt und so tut, als wollte man ausatmen, das Ausatmen jedoch durch Verschließen der Atemwege bewusst verhindert. Ein sehr ähnlicher Vorgang ist das so genannte Valsalva-Manöver, das dem einen oder anderen bekannt sein dürfte: Man hält sich Nase und Mund zu und versucht, gegen diesen Widerstand auszuatmen. Über den Umweg der Eustachi-Röhre kann die Luft trotzdem entweichen und es kommt zu dem unangenehmen Gefühl des "Drucks auf den Ohren".
Bei der Pressatmung im Kraftsport verhindert man das Ausatmen nicht durch Zuhalten von Mund und Nase, sondern durch das Verschließen der Stimmritze. Klingt kompliziert, aber ich bin mir sicher, dass jeder das Prinzip schonmal angewandt hat, wenn er etwas Schweres heben wollte. Als Kind, bevor uns die Trainer im Studio erklärten, uns würden davon die Augen aus dem Kopf springen, haben wir das alle gemacht. Warum wir das unbewusst tun, weiß wohl niemand richtig. Bei Untersuchungen hat man allerdings den so genannten pneumo-muskulären Effekt festgestellt: Je nach Zustand der Atmung lassen sich die Muskeln unterschiedlich stark reizen. Demnach ist man beim Ausatmen stärker als beim Einatmen und beim Luftanhalten wiederum stärker als beim Ausatmen, und das wissen wir anscheinend intuitiv.
Ein anderer positiver Effekt ist der Druckanstieg im Bauchraum und in den Muskeln, der uns dabei hilft, die untere Wirbelsäule zu stabilisieren und eine unbedenkliche Haltung einzunehmen. Vielen fällt es bei angehaltenem Atem außerdem leichter, den Schultergürtel zu fixieren, was für zusätzliche Stabilität sorgt.
Diese Dinge (zusätzliche Kraft, geschützte Wirbelsäule, stabiler Schultergürtel) führen dazu, dass wir mehr Gewicht bewältigen können, ohne dass die Ausführung nachlässt.
Der beschriebene Druckanstieg hat allerdings auch eine Kehrseite. Während der durchschnittliche Druck im Brustkorb normalerweise leicht unter dem Atmosphärendruck ist, liegt er beim Anwenden der Pressatmung deutlich darüber. Dadurch werden die Hohlvenen, die das Blut zum Herz transportieren, zusammengedrückt. Es gelangt weniger Blut ins Herz, das Volumen der Herzkammern nimmt ab. Eine typische Folge ist, dass das Gehirn mit weniger Sauerstoff versorgt wird und man sogar bewusstlos werden kann. Um das zu kompensieren, erhöht der Organismus den Puls.
Der hohe intramuskuläre Druck wirkt sich wiederum auf den Blutdruck aus. Bei Versuchen mit Testpersonen hat man kurzzeitige Spitzen von 480 zu 350 (normal ist z.B. 120 zu 80) gemessen. Als Folge davon können Blutgefäße platzen, im ungünstigsten Fall trifft es wieder das gute alte Gehirn.
Nach dem Training erreicht der Körper allerdings innerhalb einiger Minuten wieder den Normalzustand.
Wann soll man die Pressatmung anwenden?
An diesen Ausführungen merkt man bereits, dass die Pressatmung zurecht umstritten ist. Ob und wann man sie anwendet, sollte daher jeder selbst entscheiden. Dabei sollte man sich die Frage stellen, was einem wichtiger ist:
- möglicherweise weniger Kraft und ein höheres Risiko einer Rückenverletzung
- möglicherweise mehr Kraft und ein höheres Risiko eines "Hirnschlags"
Wie wendet man die Pressatmung an?
Wenn man sich für Letzteres entschieden hat, sollte man folgende Dinge beachten.
- Das cardiovaskuläre System lässt sich trainieren. Wenn man bereits bei niedrigen Gewichten damit beginnt, die Pressatmung anzuwenden, haben die Venen und das Herz Gelegenheit, sich an den höheren Druck unter nach und nach zunehmender Belastung anzupassen. Die unerwünschten Effekte können so kompensiert werden. Wer dagegen Jahre lang in der positiven Phase ausgeatmet hat und dann bei sehr hohen Gewichten plötzlich zur Pressatmung wechselt, läuft eher Gefahr, das System zu überlasten. Auch hier gilt also: Langsam anfangen.
- Anfänger sollten die Pressatmung nur bei den jeweils letzten Wiederholungen eines Satzes anwenden. Vorher sollte der Muskelapparat auch so in der Lage sein, das Arbeitsgewicht mit einer guten Ausführung zu bewältigen.
- Die Lunge wird nie vollständig gefüllt. Wie tief man einatmet, muss jeder für sich herausfinden. Ist es bei mir zu wenig, leidet die Körperspannung und damit die Ausführung. Ist es zu viel, bekomme ich Kopfschmerzen und rote Augen. Achtet auf solche Dinge.
- Die Pressatmung wird nur kurzzeitig angewendet, sprich: Man atmet unmittelbar vor der Wiederholung ein, baut Druck auf, macht die Wiederholung und atmet danach normal weiter. Ich habe eine Zeit lang damit experimentiert, beim Bankdrücken komplette 5er-Sätze mit einem einzigen Atemvorgang zu absolvieren. Im Hinblick auf die Ausführung hatte es zwar den erwünschten Effekt, negative Nebenwirkungen waren aber Schwindel und zwischenzeitlich verschwommene Sicht. Man stelle sich mal vor, was schlimmstenfalls passieren kann, wenn das Gehirn beim Bankdrücken zu wenig Sauerstoff bekommt und man bewusstlos wird. Ich rate daher ausdrücklich davon ab.
Variationen
Fast jeder Athlet hat seine eigene bevorzugte Version der Pressatmung, daher seid ihr herzlich eingeladen, hier eure Vorlieben und Erfahrungen mitzuteilen. Eine Variante, die ich öfter sehe, ist, wenn man zwar den Druck zwar wie oben beschrieben aufbaut, in der positiven Phase der Bewegung allerdings zulässt, dass eine geringe Menge Luft entweichen kann. Das kann sich mitunter anhören (und anfühlen) wie eine kaputte Dampflokomotive, gilt aber als die etwas unbedenklichere Version. Wer damit zurecht kommt, kann das gerne so machen.