muskelbody
26.11.2002, 21:28
Herkules mit Busen (aus Stern 18.10.02 )
Der Fotograf redet ohne Unterlass. Sagt blumige Dinge wie: »Was die Oper für die Stimme ist, ist Body-building für den Körper.« Oder: »Der Körper einer muskulösen Frau ist wie eine Landschaft.« Und dann schaut man auf seine Bilder und sieht Gebirge aus Muskeln, Sehnen, Adern. Oberarme so prall wie Oberschenkel und Oberschenkel so gewaltig wie Baumstämme. Das verstört, das provoziert. Genau das will der Künstler: Bill Dobbins choreografiert den Schock.
Sie brechen Tabus
Die Frauen sind groß und stark und angsteinflößend. Sie brechen Tabus. Sie sind ein Albtraum für Männer, weil die sich bei ihrem Anblick merkwürdig klein und lächerlich und eben gar nicht männlich vorkommen. Starkes Geschlecht, schwaches Geschlecht? Das war immer Unfug. Aber hier stimmt nichts mehr. Diesen Damen, das ist die erste Reaktion, möchte Mann bei Nacht nicht begegnen. Und einigen nicht mal am Tage.
Emanzipation?
Der Fotograf Dobbins sieht in diesem Muskelwahn allerdings Emanzipation - warum sollten sie nicht, genau wie Männer, mit ihrem Körper anstellen, was sie wollen? Mitte Oktober ist wieder Wahl zu Miss und Mister Olympia, und zu dieser Fleischmesse reisen die Titanen beiderlei Geschlechts nach Las Vegas und posieren auf der Bühne. Was, ob Männlein oder Weiblein, gleichermaßen grotesk und monströs ausschaut. Wo rohe Kräfte sinnlos balzen.
»Lasst die Frauen nicht zu männlich werden«
Seit 1977 werden Bodybuilding-Wettbewerbe auch für Frauen ausgetragen. Allein in den USA verdienen 250 Damen mit Bizeps und Trizeps ihren Lebensunterhalt. Die Erfolgreichsten, wie Th-Resa Bostick alias »Nubian Goddess«, betreiben eigene Webpages, auf der sie Fans allerlei Sinnstiftendes von Kalorienverbrauch bis Lieblingsfarbe mitteilen. Ihre Kollegin Lesa Lewis, hauptberuflich Bauarbeiterin, verblüfft die Leserschaft mit dem Wunsch: »Lasst die Frauen nicht zu männlich werden.« Das sieht der Internationale Verband der Körpermäster offenbar ähnlich und verfügte vor drei Jahren neue Regularien. Die Frauen sollen danach, sinngemäß, auch als solche erkennbar bleiben und eben nicht wie Hermaphroditen aufs Podium stampfen. Gebracht hat's nichts.
Problem: Männer
»Schönheit des Körpers hat etwas Tierisches, wenn sie geistlos ist«, schrieb Demokrit. Muskelzuwachs als Sport wird zur Obsession: fressen und hungern in festgezurrten Intervallen, nur die Hirnmasse verkümmert. Irgendwann kann's sogar kippen in Sucht, und dann sind wohl auch künstliche Hormone im Spiel, das längst keines mehr ist. Fotograf Dobbins tut das alles ab - hat nicht auch Madonna Muckis? Huldigten nicht die alten Griechen schon dem Körperkult? Er macht es sich da zu einfach. Und weiß es an sich besser. Dobbins hat im Laufe von 25 Jahren zigtausend Fotos von Bodybuilderinnen gemacht. Er ist mit vielen von ihnen gut befreundet und kennt ihr »problem number one«: Männer. Wenn die Muskeln wachsen und die Brüste schrumpfen, gehen viele Kerle stiften. Wahrscheinlich ist es so wie Dobbins im Vorwort seines Buches »Moderne Amazonen« unfreiwillig komisch notiert: »Solche Frauen können den Verkehr zum Erliegen bringen.«
Von Michael Streck
© Stern
Der Fotograf redet ohne Unterlass. Sagt blumige Dinge wie: »Was die Oper für die Stimme ist, ist Body-building für den Körper.« Oder: »Der Körper einer muskulösen Frau ist wie eine Landschaft.« Und dann schaut man auf seine Bilder und sieht Gebirge aus Muskeln, Sehnen, Adern. Oberarme so prall wie Oberschenkel und Oberschenkel so gewaltig wie Baumstämme. Das verstört, das provoziert. Genau das will der Künstler: Bill Dobbins choreografiert den Schock.
Sie brechen Tabus
Die Frauen sind groß und stark und angsteinflößend. Sie brechen Tabus. Sie sind ein Albtraum für Männer, weil die sich bei ihrem Anblick merkwürdig klein und lächerlich und eben gar nicht männlich vorkommen. Starkes Geschlecht, schwaches Geschlecht? Das war immer Unfug. Aber hier stimmt nichts mehr. Diesen Damen, das ist die erste Reaktion, möchte Mann bei Nacht nicht begegnen. Und einigen nicht mal am Tage.
Emanzipation?
Der Fotograf Dobbins sieht in diesem Muskelwahn allerdings Emanzipation - warum sollten sie nicht, genau wie Männer, mit ihrem Körper anstellen, was sie wollen? Mitte Oktober ist wieder Wahl zu Miss und Mister Olympia, und zu dieser Fleischmesse reisen die Titanen beiderlei Geschlechts nach Las Vegas und posieren auf der Bühne. Was, ob Männlein oder Weiblein, gleichermaßen grotesk und monströs ausschaut. Wo rohe Kräfte sinnlos balzen.
»Lasst die Frauen nicht zu männlich werden«
Seit 1977 werden Bodybuilding-Wettbewerbe auch für Frauen ausgetragen. Allein in den USA verdienen 250 Damen mit Bizeps und Trizeps ihren Lebensunterhalt. Die Erfolgreichsten, wie Th-Resa Bostick alias »Nubian Goddess«, betreiben eigene Webpages, auf der sie Fans allerlei Sinnstiftendes von Kalorienverbrauch bis Lieblingsfarbe mitteilen. Ihre Kollegin Lesa Lewis, hauptberuflich Bauarbeiterin, verblüfft die Leserschaft mit dem Wunsch: »Lasst die Frauen nicht zu männlich werden.« Das sieht der Internationale Verband der Körpermäster offenbar ähnlich und verfügte vor drei Jahren neue Regularien. Die Frauen sollen danach, sinngemäß, auch als solche erkennbar bleiben und eben nicht wie Hermaphroditen aufs Podium stampfen. Gebracht hat's nichts.
Problem: Männer
»Schönheit des Körpers hat etwas Tierisches, wenn sie geistlos ist«, schrieb Demokrit. Muskelzuwachs als Sport wird zur Obsession: fressen und hungern in festgezurrten Intervallen, nur die Hirnmasse verkümmert. Irgendwann kann's sogar kippen in Sucht, und dann sind wohl auch künstliche Hormone im Spiel, das längst keines mehr ist. Fotograf Dobbins tut das alles ab - hat nicht auch Madonna Muckis? Huldigten nicht die alten Griechen schon dem Körperkult? Er macht es sich da zu einfach. Und weiß es an sich besser. Dobbins hat im Laufe von 25 Jahren zigtausend Fotos von Bodybuilderinnen gemacht. Er ist mit vielen von ihnen gut befreundet und kennt ihr »problem number one«: Männer. Wenn die Muskeln wachsen und die Brüste schrumpfen, gehen viele Kerle stiften. Wahrscheinlich ist es so wie Dobbins im Vorwort seines Buches »Moderne Amazonen« unfreiwillig komisch notiert: »Solche Frauen können den Verkehr zum Erliegen bringen.«
Von Michael Streck
© Stern